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Hans-Peter Kastner ist eigentlich ein „stinknormaler Typ“, wie er von sich selbst sagt.
Doch mittlerweile ist er mehr als das – nämlich das Gesicht im Kampf gegen
Einwegplastikflaschen. Der Getränkehändler aus Stuttgart-Vaihingen ist mit seinem
Ziel innerhalb weniger Wochen deutschlandweit bekannt geworden: Seit Donnerstag
verkauft der 41-Jährige in seinem Getränkemarkt keine Einwegplastikflaschen mehr.
Seitdem steht sein Telefon nicht mehr still, es melden sich Medien, Vorstände,
Gleichgesinnte. „Ich habe das Ziel, eine ganze Branche zu verändern“, sagt er
selbstbewusst.
Geplant war das alles nicht, Kastner wollte sich nur mal seinen Frust von der Seele
schreiben. Der Facebook-Post wurde mittlerweile über 50.000 Mal geteilt. Über 10.000 Einwegflaschen hatte er in zwölf Wochen gesammelt. Ein Grund für Kastner, zu
sagen: „Ich möchte nicht mehr Teil des Systems sein, das so viel Müll in Umlauf
bringt.“
Auch Discounter müssten umstellen
Laut Deutscher Umwelthilfe haben Einwegplastikflaschen in Deutschland einen
Marktanteil von rund 52 Prozent. Pro Jahr werden 16,4 Milliarden
Einwegplastikflaschen verbraucht. Zusätzlich wurden 3,51 Milliarden Getränkedosen
in Deutschland konsumiert.
Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe, lobt
deshalb den Einsatz von Hans-Peter Kastner: „Davon sind Discounter wie Aldi und Lidl weit entfernt, die ihre Getränke ausschließlich in Einweg-Plastikflaschen anbieten“, erklärt er. Gerade diesen Unternehmen komme aber eine besondere Verantwortung zu, „denn sie drücken mit die meisten Plastikflaschen in den Markt.“
Der Konsum von Einwegplastikflaschen hat Folgen für die Umwelt: Allein für die
Herstellung braucht es jährlich mehr als 480.000 Tonnen Rohöl und Erdgas. Doch
immer mehr Konsumenten würden sich umweltfreundlich verhalten wollen:
„Verbraucher haben einfach die Nase voll von unnötigem Plastikmüll“, sagt Fischer.
Die Frage nach Mehrwegflaschen steige daher.
Kunden verwechseln Mehrweg und Einweg
Den Unterschied zwischen Einweg und Mehrweg zu erkennen, sei aber nicht einfach.
Das stellte auch Hans-Peter Kastner bei einer Umfrage unter seinen Kunden fest:
Über 80 Prozent gingen davon aus, eine Mehrwegflasche zu kaufen, obwohl sie zur
Einwegplastikflasche gegriffen hatten.
Für beide Getränkeverpackungen wird ein Pfand berechnet und sie werden am
Automaten zurückgegeben. Die Kennzeichnung sei laut Fischer aber häufig nicht
eindeutig genug. Abhilfe schaffen soll ein neues Gesetz, das zu Beginn des Jahres in
Kraft getreten ist. Händler müssen seitdem kennzeichnen, welche Flaschen Mehrweg-
und welche Einwegflaschen sind.
Ob das die Quoten verbessern kann, bleibt aber abzuwarten. Nach Informationen des
Verband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (GFGH) liegt die bundesweite
Mehrwegquote bei nur 40 Prozent, noch immer kaufen also deutlich mehr
Konsumenten Einwegflaschen. Ziel des neuen Verpackungsgesetzes ist auch, die
Mehrwegquote bis 2021 auf 70 Prozent anzuheben.
Auch Getränkemarkt aus der Region engagiert sich
Rund 5000 Getränkehändler engagieren sich gemeinsam mit der Deutschen
Umwelthilfe im Projekt „Mehrweg for future“. Und das ist nicht das einzige Projekt:
Immer mehr Getränkehändler springen auf den Mehrweg-Zug auf, wenn auch nicht
ganz so radikal wie Hans-Peter Kastner.
Der Getränkemarkt Fristo, der in der Region
von Waldshut bis Konstanz zahlreiche Märkte führt, listet beispielsweise bevorzugt
Produkte mit Mehrwegflaschen. „Weil wir fest der Meinung sind, dass Mehrweg
Umweltschutz bedeutet“, teilt das Unternehmen auf Anfrage des SÜDKURIER mit.
Und das offenbar mit Erfolg: Nach Angaben des Unternehmens liegt der
Mehrweganteil derzeit bei über 88 Prozent. Im Jahr 2013 lag das Verhältnis noch bei
84 Prozent. Dennoch sieht der Getränkehändler Hürden, die Einwegflaschen gänzlich
zu verbannen: Es gebe viele Lieferanten, die ausschließlich in Einweg abfüllen
würden, zudem verlange der Verbraucher bei einigen Artikeln leichte Einwegflaschen.
„Hört auf zu jammern und macht es einfach“
„Solange der Kunde die Möglichkeit hat, wird er sich immer wieder für die bequemere
Variante entscheiden“, sagt Hans-Peter Kastner. Doch diese Möglichkeit will er nicht
mehr bieten. „Wahrscheinlich braucht es einfach mal einen Getränkehändler, der
sagt: Hört auf zu jammern und macht es einfach“, sagt Hans-Peter Kastner. Und der
sei nun eben er mit seinem kleinen Familienbetrieb.