Wibke Roth

Gesundheitsjournalistin, Redakteurin, Trainerin, Gladbeck

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Fitnessstudio auf Kosten der Krankenkasse? | eVivam

Präventionsgesetz: So wie auf dem Foto wird es nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit nicht laufen.

Der Deutsche Bundestag hat am 18. Juni 2015 den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf des Präventionsgesetzes angenommen. Am 25. Juli 2015 ist es in Kraft getreten. Neben der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung sind auch die Renten-, Unfall- und Pflegeversicherung eingebunden. Ärzte werden zu Gesundheitsberatern. Doch was bedeutet das? Bekommst du Fitness jetzt quasi auf Rezept?


Selbst Ärzte wie der Internist Dr. Axel Kip sind verunsichert. Er war davon ausgegangen, dass das so kommen würde. Seine Patienten fragten ihn regelmäßig, ob die Fitnessbranche als „qualitativ hochwertiger Anbieter" ins neue Gesetz aufgenommen worden seien, ob er ihnen ab Januar 2016 denn nun Muskeltraining in einem entsprechend qualifizierten Fitnessstudio verordnen könne und wenn ja, in welchem Umfang die Kostenträger die monatlichen Kosten eines Fitnessstudios übernehmen würden. Das scheint vom Tisch zu sein. Das Bundesministerium für Gesundheit hat dazu geantwortet. Demnach sollen bisherige Gesundheitsuntersuchungen wie das jährliche Check-Up ab 35 Jahren präventionsorientiert fortentwickelt werden. Vorbeugen wird also stärker in den Mittelpunkt gerückt. Diese ärztliche Gesundheitsuntersuchung soll so genannte primärpräventive Maßnahmen enthalten: Dazu zählen nach Angaben des Ministeriums

  • eine ärztliche Erfassung und Bewertung deines individuellen gesundheitlichen Risikoprofils,
  • eine darauf abgestimmte präventionsorientierte Beratung deines Arztes,
  • und - sofern medizinisch angezeigt - eine ärztliche Bescheinigung, die so genannte Präventionsempfehlung.
Präventionsempfehlung: „Schwammig und unbefriedigend"

Der Arzt könne mithilfe dieser Präventionsempfehlung auch über Möglichkeiten und Hilfen zur Veränderung gesundheitsbezogener Verhaltensweisen hinweisen, und auf Bewegungsangebote von Sport- und Fitnessstudios aufmerksam machen, die nicht immer von den Krankenkassen bezuschusst werden. Dr. Kip: „Eine Erfassung des individuellen Risikoprofils und die daraus resultierende präventionsorientierende Beratung eines Patienten war und sollte immer Gegenstand einer ärztlichen Check-Up-Untersuchung sein. Insbesondere die Thematik „Vorbeugen von Erkrankungen" war schon immer ein wesentlicher Bestandteil der ärztlichen Beratung. Dies ist eine Selbstverständlichkeit und bedarf nicht eines neuen Gesetzes. Von daher ist die Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit nicht nur für Ärzte sehr unbefriedigend und schwammig."


Qualifizierte Studios haben einen Preis, den sich nicht jeder Patient leisten kann

Selbst bei Präventionskursen wie Aqua-Fitness, Rauchentwöhnung, Yoga und Co, die von Sport- und Fitnessstudios durchgeführt werden, weil sie von der Zentralen Prüfstelle Prävention zertifiziert sind, sei „die „Ermessensentscheinung der Krankenkasse, hinsichtlich der Frage, ob ein Bedarf besteht, eingeschränkt". Eine Übernahme der monatlichen oder jährlichen Mitgliedsbeiträge durch die Krankenkassen komme laut Bundesministerium jedenfalls nicht in Betracht.

Dr. Kip: „Zunächst einmal muss die Frage erlaubt sein, wer eigentlich den Patienten behandelt: die Krankenkassen oder der Arzt? Von daher kann es doch nicht eine Ermessensentscheidung der Krankenkassen sein, ob ein Präventivionsbedarf besteht oder nicht. Diese wichtige Entscheidung sollte einzig und allein der Arzt treffen! Gerade hier wäre es im Sinne des Präventionsgedanken wünschenswert gewesen, Teile der Mitgliedsbeiträge zu übernehmen und dem Arzt zu ermöglichen, dieses zu rezeptieren. Zumal in einem qualifizierten Fitnessstudio auch vielen Erkrankungen effektiv entgegen gewirkt werden kann, wodurch doch letztlich für die Kostenträger erhebliche Behandlungskosten eingespart werden."

Er ergänzt: „Sofern eine Übernahme von Teilen der Mitgliedsbeiträge tatsächlich nicht in Betracht kommt, wäre die Umsetzung des Präventionsgesetzes eine herbe Enttäuschung. Ein qualifiziertes Fitnessstudio mit hochqualifizierten Trainern hat einfach seinen Preis. Ein Preis den leider nicht jeder Patient bezahlen kann. Von daher wäre gerade dieser Punkt von essenzieller Bedeutung gewesen."

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