Wibke Roth

Gesundheitsjournalistin, Redakteurin, Trainerin, Gladbeck

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Heilmethode mit den Händen: Osteopathie | eVivam

Es sieht aus, als würde der Therapeut auf dem Foto nur die Hand auf den Kopf legen. Dabei ist Osteopathie mehr als Handauflegen: Bei einer Technik bewegt der Osteopath deine beiden Schädelknochen, um Blockaden in deinen Nervenbahnen aufzuheben.

Du willst wissen, was Osteopathie ist und wo die Chancen und Grenzen dieser Heilmethode liegen? eVivam hat für dich das Gespräch mit Dr. Jürgen Bohnhorst gesucht. Der Diplom-Osteopath ist Orthopäde und bietet seinen Patienten auch diese ganzheitliche Heilmethode. Er sei davon noch nie enttäuscht worden.


Du hast Rückenschmerzen. Und die können viele Ursachen haben. Aber hättest du gedacht, dass dein Stolpern vor ein paar Monaten der Grund dafür sein kann? Dabei hast du dir vielleicht deinen Fuß umgeknickt und dadurch möglicherweise deine Wirbelsäulen- und Beckenfunktion gestört. Die Ursache für Schmerzen oben in deinem Körper könnte also unten liegen. Osteopathen haben einen geschulten Blick auf und ein Händchen für solche Funktionsstörungen. Die so genannte Osteopathie ist nach Angaben der Ausbildungsorganisation DAAO eine ganzheitliche Heilmethode, bei der die Hände des Therapeuten eine entscheidende Aufgabe erfüllen: Diagnostik und Therapie an allen Organsystemen des menschlichen Körpers. Die Methode, so die Organisation, stamme vermutlich aus Amerika und gehe zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück.


Welche Ausbildung hat ein Osteopath?

Hierzulande dürfen im Prinzip drei Berufsgruppen eine solche Fortbildung machen: Ärzte, Physiotherapeuten und - je nach Schule - auch Heilpraktiker. „Für die Ausbildung gibt es keine bundeseinheitlichen Richtlinien", sagt Dr. med. Jürgen Bohnhorst. Der Mediziner hat seine Praxis für Orthopädie und Sportmedizin seit 1997, seit 2010 darf er mit seiner Zusatzqualifikation auch osteophatisch behandeln. Drei Jahre lang habe er immer wieder Fortbildungen bei seiner Ausbildungsorganisation gemacht. Die sieht er als weitere Ergänzung zu Chirotherapie und Akupunktur. Das Dilemma mache sich schon an den Bezeichnungen des Ausbildungsabschlusses bemerkbar: Da gibt es den Namen Osteopath, ärztlicher Osteopath, Diplom-Osteopath mit der Abkürzung D.O. In Amerika, so Bohnhorst, stehe dieselbe Abkürzung für Doktor der Osteopathie.


Welche Techniken gibt es?

Techniken, mit denen ein Osteopath arbeitet, sind im Prinzip alle manuelle Techniken, also Diagnostik- und Behandlungsmethoden mit den Händen. Dazu zählen unter anderem:

  • Muskelenergietechnik,
  • Myofasziale Auflockerungstechnik,
  • Kranio-Sakral-Technik,
  • Viszerale Technik,
  • Lymphatik

Bei der Kranio-Sakralen-Technik beispielsweise bewegt der Osteopath deine beiden Schädelknochen, um Blockaden in deinen Nervenbahnen aufzuheben. Die bindegewebsartigen Strukturen, mit der sie verbunden sind, lassen zu, dass sie sich direkt gegeneinander bewegen lassen. Bohnhorst: „Jeder Körper hat einen eigenen Rhythmus, mit dem sich diese Knochen bewegen. Dadurch entstehen Pumpbewegungen, mit der Nervenflüssigkeit vom Kopf, übers Rückenmark ins Kreuzbein transportiert wird. So werden alle Nerven mit Nährstoffen versorgt und Abfälle zurück transportiert."


Was sollte ein Osteopath mitbringen?

„Die Art der Ausbildung ist schon allein wegen der uneinheitlichen Standards nicht aussagekräftig. Aber über 1.000 Ausbildungsstunden mit Theorie und Praxis sollte er schon mitbringen, bevor er diese Methode bei seinen Patienten anwendet", findet Bohnhorst. Damit liegt er in der Mitte: Der Bundesverband Osteopathie nennt 1.350, die DAK 700. Darüber hinaus empfiehlt er dir: „Ein seriöser Osteopath behandelt dich so viel, wie es nötig ist. Ich weiß doch vor der Behandlung nicht, wann die Funktion wieder hergestellt ist. Also verkaufe ich im Vorfeld auch nicht fünf Behandlungen", stellt er klar. Da diese Heilmethode teils mit recht intensivem Körperkontakt verbunden ist, findet Bohnhorst, dass eine erste Kontaktaufnahme Zeit braucht, also ein längeres Gespräch, bei dem du dich zum Beispiel wieder ans Stolpern erinnerst. Die weitere Kontaktaufnahme kann dann zum Beispiel über das Berühren deiner Schultern o.ä. erfolgen.


Wo liegen die Chancen und die Grenzen dieser Heilmethode?

Generell sollst du die Heilmethode wählen, die dir gut tut. Das hängt natürlich auch von dem jeweiligen Therapeuten ab. Vertraue unbedingt auf dein Bauchgefühl. Dr. Bohnhorst findet eine Differenzierung wichtig: „Jemandem mit einer Tumorerkrankung würde ich sagen, dass er bei einem Onkologen richtig aufgehoben ist, dass ihm ein Osteopath bei dieser Erkrankung nicht weiterhelfen kann. Die Begleiterscheinung, also zum Beispiel Nacken- oder Schulterverspannungen durch innere Anspannung, könnten schon osteopathisch behandelt werden.


Was kostet eine Behandlung und zahlt das deine Krankenkasse?

Du zahlst für eine Osteopathie-Behandlung zwischen 60 und 100 Euro. Viele Krankenkassen erstatten dir die Kosten anteilig als freiwillige Zusatzleistung. Einige Kassen zahlen dir den Maximalbetrag pro Sitzung oder es gibt ein Sitzungskontingent pro Jahr. Frage am besten bei deiner Krankenkasse nach, ob sie Osteopathie als freiwillige Zusatzleistung anbieten, ob sie das planen und welche Konditionen mit diesem Angebot verbunden sind. Vielleicht arbeitet deine Krankenkasse auch mit einem bestimmten Therapeuten. Krankenkassen wie DAK oder Techniker Krankenkasse schreiben in ihren Satzungen unter anderem, dass sie einem Osteopathenverband angehören müssen.

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