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Recycelte Daunen: Mogelpackung oder Gewinn für Klima- und Tierschutz?

In Bettwaren, Bekleidung oder Outdoor-Schlafsäcken - Daunen sind ein beliebtes Füllmaterial, weil sie langlebig sind und gut wärmen. Immer mehr Unternehmen werben mit recycelten Daunen. Aber ist das wirklich besser, als Neudaunen zu kaufen? Und wie steht es dabei um den Tierschutz?

Recycelte Daunen sind nichts Neues. „Es wurden schon immer bereits verwendete Daunen - sogenannte Couché-Ware - aufbereitet", sagt Frederike Albers, deren Familienunternehmen schon seit mehr als hundert Jahren Daunen und Federn verarbeitet. Das hätte aber nicht immer so ein gutes Image gehabt, weil Couché-Ware als geringwertiger angesehen worden sei. „Der Zeitgeist hat sich geändert", sagt Albers. Sie sieht vor allem in der jüngeren Generation ein stärkeres Bewusstsein für nachhaltigen Konsum - und für die Probleme um die Daune.

Stärkeres Bewusstsein für nachhaltigen Konsum

Denn Daunen und Federn in Decken, Kissen, Schlafsäcken und Kleidung sind ein tierisches Produkt und stammen von Wasservögeln wie Enten oder Gänsen. Die Tierschutzorganisationen Peta, Vier Pfoten und der Tierschutzbund kritisieren, dass ihre Gewinnung häufig mit Tierleid verbunden sei. Der Lebendrupf dieser Tiere ist zwar in Deutschland und der EU offiziell verboten, allerdings sei dieser genauso wie Tiermast und grausame Aufzucht- und Schlachtbedingungen in vielen Ländern wie etwa China weiterhin verbreitet. Deshalb fordert der Tierschutzbund für Daunen aus Lebendrupf eine Kennzeichnungspflicht bis hin zu Importverboten. Diese Ware werde zu günstigen Preisen verkauft, mit denen viele deutsche Unternehmen, die Tierschutzbestimmungen wie bei „Downpass", im „Responsible Down Standard" (RDS) oder „Global Traceable Down Standard" (Global TDS) einhalten wollen, nicht mithalten können, so Albers.

Auch Albers hat sich mit diesen Problemen auseinandergesetzt. „Als Tochter und fünfte Generation habe ich mir überlegt, dass ich das Thema Daunen und Federn anders angehen möchte." Das Problem: Vegane Alternativen wie etwa Tencel oder Kapok waren aus ihrer Sicht keine überzeugenden nachhaltigen Alternativen - etwa wegen der weiten Wege. Und sowieso: „Es gibt keine pflanzliche Alternative, die der Fluffig- und Flauschigkeit nahekommt, die man aus einer Daunendecke kennt", so Albers.

Kreislauf für Bettwaren

Ihre Lösung: Unter dem Label Snuuz bieten sie einen Kreislauf an. Wer eine Decke oder Kissen aus recycelten Daunen kauft, erhält ein Retourenetikett, um eine alte Daunendecke kostenlos zurückzuschicken. Diese Daunen werden dann von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf ihre Qualität und Wiederverwertbarkeit untersucht, gewaschen, sterilisiert, getrocknet und wieder in Umlauf gebracht. Die Teilnahme und Nachfrage sei enorm. „Wir kommen den Bestellungen fast gar nicht hinterher", sagt Albers.

Ein ähnliches Prinzip verfolgt das Modeunternehmen Uniqlo: Kundinnen und Kunden können alte Daunenwaren in Geschäfte bringen, die dann - so heißt es - zu 100 Prozent recycelt werden. Auch die H&M-Töchter Cos und Arket oder Outdoormarken North Face, Vaude oder Patagonia werben mit Jacken oder Schlafsäcken, die mit recycelter Daune gefüllt sind. Häufig wird dafür laut Herstellerangaben mit dem Unternehmen Re:Down kooperiert, das alte Daunenwaren von Textilabfallsammlern aufkauft und recycelt. Die Marke Patagonia gibt auf ihrer Website an, das Unternehmen könne durch die Nutzung von Recyclingdaune statt Neudaune ihre CO₂-Emissionen um 31% reduzieren.

Auch Juliane Hedderich, Geschäftsführerin vom Verband der Deutschen Daunen- und Federnindustrie (VDFI), beobachtet, dass immer mehr Kundinnen und Kunden ihre alten Daunendecken wieder auffüllen lassen wollen, statt ein komplett neues Produkt zu kaufen. In den vergangenen Jahren ist laut Hedderich der Anteil an Verarbeitung von recycelter Ware gestiegen. Exakte Zahlen - wie sie bei Neuware das Statistische Bundesamt erfasst - liegen nicht vor.

Umwelt vs. Tierleid?

Doch ist eine recycelte Daune wirklich besser? „Du kannst mit Daunen nicht ewig recyceln", sagt Albers. Sie schätzt, dass man den Recyclingprozess etwa zwei- oder dreimal wiederholen kann, sodass die Qualität gut genug bleibt. „Aber das ist ganz unterschiedlich und von der ursprünglichen Daune abhängig." Sehr bauschige Daune sei besser zu recyceln als ein Gemisch aus Federn und Daunen. Vor allem bei Fast-Fashion-Produkten wie Jacken und Mänteln kann es zudem aufwändig und teuer werden, die Daunen aus dem Stoff zu lösen. Der VDFI weist auch auf Qualitätseinbußen bei recycelten Daunen hin. „Die Füllkraft ist schwächer und die Produkte haben im Vergleich zu Neuware eine deutlich verkürzte Nutzungsdauer beziehungsweise Lebenszeit", so Verbandsvertreterin Hedderich.

„Das Recycling gebrauchter Daunen und Federn fördert nicht den Tierschutz", sagt sie. Unter welchen Bedingungen eine recycelte Daune gewonnen wurde, lasse sich in der Regel nicht nachvollziehen. Auch die Tierschutzorganisation Vier Pfoten bemängelt das. „Aus Klimaschutzaspekten finden wir grundsätzlich Recyclingprodukte natürlich besser, als neu zu produzieren", sagt Annika Kreuzer von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Bei recycelten Daunen wisse man jedoch häufig nicht, ob die Daunen nicht ursprünglich auch aus tierquälerischen Praktiken wie Lebendrupf oder Stopfmast stammen. Wenn man nicht auf Daunen verzichten könne, sei es wichtig, auf Tierschutzlabel wie „Downpass", „Responsible Down Standard" (RDS) oder „Global Traceable Down Standard" (Global TDS) zu achten. „Wer ganz sicher sein will, dass keine Tiere leiden, sollte auf tierfreie Alternativen zurückgreifen", sagt Kreuzer.

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