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Seit zwei Stunden wartet Iqbal Ghubar vor den Toren der Erstaufnahmeeinrichtung im hessischen Gießen. Noch etwa 200 Flüchtlinge stehen vor ihm in der Schlange, erst dann ist der junge Afghane an der Reihe. Plötzlich taucht links von ihm ein grün-blauer Wagen auf. Heraus ragt ein großer Sonnenschirm, auf der Fläche liegen Verkaufskataloge für Handytarife. Es ist ein fahrbarer Stand des Mobilfunkanbieters Lycamobile. Der geflüchtete Afghane ist der ideale Kunde für Unternehmen, die auf einen neuen Milliardenmarkt hoffen, der zurzeit weltweit enorm wächst. Neue Firmen wie Lycamobile stürmen in eine Nische, die die traditionellen Telekommunikationskonzerne nicht besetzen - und werben aggressiv um die Zielgruppe der Migranten.
Lycamobile ist nach eigenen Angaben der weltweit größte virtuelle Netzbetreiber. Die britische Firma hat also kein eigenes physisches Netz, sondern nutzt in Deutschland die Frequenzen von Vodafone und bezahlt den Konzern dafür. Lycamobiles Werbung richtet sich an Migranten, die häufig russische, türkische oder südafrikanische Nummern anrufen. Sie wollen mit Verwandten telefonieren. Ähnlich die Flüchtlinge. Für sie sind Smartphones mit mobilem Internet das wichtigste Hilfsmittel auf der Flucht. Die Fachwelt nennt diese Zielgruppe Ethno-Kunden.
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