In der Serie "Kontoauszug" stellen wir regelmäßig Menschen vor, die erzählen, wie viel sie verdienen, wofür sie ihr Geld ausgeben - und wie viel sie monatlich auf die Seite legen. Hier berichtet der 36-jährige Jonas Schüning*, der als Manager in einem Autokonzern arbeitet.
Beruf: Ich leite eine Abteilung bei einem großen Konzern in der Automobilbranche, an der klassischen Schnittstelle zwischen Business und IT: In meinem Unternehmen digitalisiere ich Prozesse. Das bedeutet, ich arbeite in verschiedenen Bereichen der Firma daran, analoge Abläufe in digitalisierte Systeme zu übersetzen und durch Software zu unterstützen. Nehmen wir zum Beispiel unsere Filialen: Ich leite mehrere Teams, die sich dort die Arbeitsabläufe anschauen und sie genau analysieren. Was machen die Menschen im Verkauf und im Service den ganzen Tag und wie können wir das mit einer Software am besten unterstützen? Das reicht von der Terminplanung über die Kundenberatung und andere Dienste bis zum Schreiben von Rechnungen. Und es geht auch um Bereiche wie Marketing und Controlling. Früher war ich öfter selbst in den Filialen. Seit ich meine jetzige Stelle angetreten habe, bin ich stattdessen dafür verantwortlich, Teams zu organisieren, zu koordinieren und zu unterstützen.
Ausbildung: Ich habe zwei Bachelorabschlüsse gemacht, beide wirtschaftsnah mit verschiedenen Schwerpunkten. Ich fand daran spannend, wie unterschiedlich die Themen waren, mit denen ich mich beschäftigte: zum einen, wie unser Wirtschaftssystem politisch funktioniert, zum anderen, wie man Firmen organisiert. Später habe ich einen Master in Wirtschaftswissenschaften gemacht. Es war aber überhaupt nicht klar, was ich damit machen wollte - Karriere war jedenfalls nie mein Ziel. Es ging mir zwar auch darum, ein finanzielles Fundament und eine gewisse Sicherheit aufzubauen, doch vor allem wollte ich mich selbst verwirklichen: Ich habe immer das gemacht, auf das ich Lust hatte. Das war mir möglich, weil meine nie Geldprobleme hatte - ich konnte also mehr ins Risiko gehen als andere.
Vor etwas mehr als zehn Jahren habe ich angefangen, mich auf Onlinehandel zu spezialisieren. Das war ein neues Feld, das sich damals stark verändert hat und immer wichtiger wurde. In dem Bereich habe ich mehrere Praktika gemacht, bei Konzernen bis zu ganz kleinen Firmen. Und von da bin ich zur Digitalisierung gekommen: Handel und Verkauf wurden digitalisiert und ins Internet gebracht. Was ich damals gelernt habe, wende ich seitdem auf alle meine jetzigen Bereiche an. Eigentlich haben Praktika mir bei den wesentlichen beruflichen Entscheidungen weitergeholfen. Ich bin auch über eines in die Automobilbranche gekommen. Ich war schon immer großer Autofan und habe bereits als Kind mit meinem Vater an Autos herumgeschraubt. Seitdem lässt mich das Thema nicht mehr los. Denselben Job in einer anderen Branche könnte ich ohne dieses Interesse nicht im selben Maß machen, denke ich. Als vor einigen Jahren ein passendes Angebot kam, bin ich zu meinem jetzigen Arbeitgeber gewechselt und habe mich bis zu meiner heutigen Position hochgearbeitet. Das war nicht immer einfach. Aber eine Mischung aus eigenem Ehrgeiz und Förderern, die an mich geglaubt haben, hat das möglich gemacht. Heute versuche ich, dieses Vertrauen auch meinen Kolleginnen und Kollegen entgegenzubringen.
Arbeitszeit: Offiziell habe ich noch immer einen Vertrag über siebeneinhalb Arbeitsstunden pro Tag, realistisch sind es aber eher acht. In Hochphasen können es auch neun oder sogar zehn Stunden werden, aber das ist eine Ausnahme und hängt mit meiner Führungsposition zusammen: Wenn Mitarbeitende die Firma verlassen und neue gefunden werden müssen, es menschlich im Team knirscht oder andere Dinge aufkommen, dann habe ich einfach mehr zu tun. In solchen Fällen beschäftigt mich der Job auch viel mehr - ich denke beim Abendessen noch darüber nach und schlafe dann schlecht. So weit kommt es aber nur alle paar Monate mal. Schön ist, dass ich mir meine Zeit relativ frei einteilen kann. Wenn ich unter der Woche mit der Familie ein langes Frühstück machen möchte oder mal einen Tag freinehmen will, dann geht das. Diese Stunden hole ich einfach am Wochenende nach. Üblicherweise arbeite ich von Montag bis Freitag, bin aber trotzdem Herr über meinen Kalender. Das liegt auch an der Art, wie ich führe: Ich vertraue meinen Mitarbeitenden sehr stark und traue ihnen zu, Probleme auch selbst zu lösen. Nur so wachsen die Kolleginnen und Kollegen und entwickeln sich weiter. Dabei kommt es auch vor, dass jemand in einem meiner Teams falsche Entscheidungen trifft und Fehler macht, die nur schwer wieder geradezubiegen sind. Das kommt vor bei meinem Führungsstil, dann übernehme ich dafür die Verantwortung. Mir gibt das Freiraum; meinen Mitarbeitenden gibt es die Möglichkeit, sich im Beruf zu zeigen.
Bruttoeinkommen: Mein Bruttoeinkommen setzt sich aus einem fixen und einem variablen Teil zusammen. Fix verdiene ich knapp unter 100.000 Euro pro Jahr. Der variable Teil hängt stark vom Unternehmenserfolg ab und liegt zwischen 10.000 und 20.000 Euro, die jährlich obendrauf kommen.
Nettoeinkommen: Mein Nettoeinkommen setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen: Seit einem Unfall leide ich unter chronischen Schmerzen und zähle als schwerbehindert, deshalb bekomme ich eine Invalidenrente. Das sind 12.000 Euro netto pro Jahr. Glücklicherweise habe ich heute einen Job, bei dem mich diese Nachwirkungen nur selten beeinträchtigen. Das stand aber noch nicht fest, als meine Erwerbsminderung festgelegt wurde. Manchmal habe ich als Gutverdienender ein schlechtes Gewissen, diese Rente zu beziehen - auch wenn sie mir rechtlich zusteht. Hinzu kommen jährlich rund 7.000 Euro netto aus Ausschüttungen von Firmenanteilen, die ich besitze. Wenn ich das zusammenrechne und von einem mittleren Bonus ausgehe, liegt mein Nettoeinkommen bei 84.000 Euro im Jahr. Das sind 7.000 Euro im Monat.
Meine Ausgaben
Wohnen: Zusammen mit meiner Frau wohne ich in einer Eigentumswohnung mit drei Zimmern, die ich im Jahr 2016 gekauft habe – da waren die Preise noch erträglicher als heute. Trotzdem war der Kauf ein Wagnis. Bis heute kostet uns der Abtrag für die Wohnung rund 1.400 Euro im Monat. Für die nächsten 25 Jahre wird das so weitergehen, dafür ist der Zinssatz sehr gering. Hinzu kommen rund 250 Euro Hausgeld für Dinge wie Treppenhausreinigung, Gebäudeversicherung, die Hausverwaltung und den Müll. Außerdem zahlen wir 140 Euro für Strom und Gas. Insgesamt zahlen wir also 1.790 Euro im Monat. Auch meine Frau ist berufstätig und verdient gut, wir teilen die Ausgaben deshalb je zur Hälfte. Auf mich entfallen damit knapp 900 Euro monatlich.
Lebensmittel: Mein Anteil für Lebensmittel beträgt etwa 350 Euro im Monat. Wir kochen sehr viel und bekommen einmal in der Woche eine Gemüsekiste mit regionalen Lebensmitteln geliefert. Fleisch essen wir wenig, aber wenn, dann sehr hochwertig. Generell achten wir darauf, vor allem Bio-Lebensmittel zu kaufen. Natürlich gehen wir auch gelegentlich essen und bestellen mal bei einem Lieferdienst, wenn es mittags schnell gehen muss. Aber das ist eher die Ausnahme. Seit Corona arbeite ich vor allem zu Hause. In die Firmenkantine bin ich aber auch vorher nur selten gegangen und habe stattdessen lieber gesundes Essen von zu Hause mitgenommen. Jeden Tag Currywurst wäre nicht so meins.
Mobilität: Ich habe einen
Firmenwagen, den ich auch privat nutzen kann – Kaufpreis, Versicherung und
Benzin übernimmt mein Arbeitgeber. Dafür greift die Ein-Prozent-Versteuerung: Das
heißt, jeden Monat wird pauschal ein Prozent des Bruttolistenpreises des Autos
als geldwerter Vorteil auf mein Gehalt draufgerechnet und dann versteuert. Für
alles Weitere nutze ich das Fahrrad oder den ÖPNV. Insgesamt setze ich für den Bereich Mobilität im Monat 300 Euro Kosten an.
Telefon/Internet/Handy: Wir zahlen einen Gesamtpreis für alles: 50 Euro pro Monat für Festnetz, den DSL-Anschluss und einen Mobilfunkpartnertarif für meine Frau und mich, der alles abdeckt. Mein Anteil liegt also bei 25 Euro.
Körperpflege: Hier bin ich ziemlich
sparsam: Zum Friseur gehe ich alle paar Monate, dann bleiben nur Shampoo, Deo
und Zahnputzzeug. Meinen Bart pflege ich selbst mit einem Trimmer, auch das
verursacht keine regelmäßigen Kosten. Gesammelt komme ich deshalb auf maximal
30 Euro im Monat.
Kleidung: Meine Alltagsklamotten
trage ich, bis die Nähte aufgehen, erst dann kaufe ich neue. Kleidung ist mir
nicht besonders wichtig. Ich kaufe fast immer dieselben Sachen vom selben
Hersteller, weil ich keine Lust habe, mich groß damit zu beschäftigen. Außerdem
bestelle ich alles online, weil ich es hasse, in der Stadt einzukaufen. Ich bin
ungern unter vielen Menschen und sich dann ständig umziehen zu müssen, ist ein
Graus. Wenn ich Sachen nach Hause bestelle, kann ich das Anprobieren über
mehrere Tage strecken und alles zurückschicken, was mir nicht gefällt. Aus
Umweltgesichtspunkten ist das natürlich nicht die beste Option, aber so ist es
nun mal. T-Shirts, Hosen, Hemden, dazu gelegentlich neue Schuhe oder einen
Mantel – damit lande ich bei 80 Euro monatlich.
Freizeit: Sport ist ein wichtiger körperlicher Ausgleich für mich. Deshalb zahle ich 70 Euro im Monat für mein Fitnessstudio. Ich hasse es, es macht keinen Spaß, aber es tut mir gut und ist nötig, um fit zu bleiben. Deshalb trainiere ich dort im Winter zweimal pro Woche, im Sommer einmal. Außerdem fahre ich viel mit dem Rennrad. Für Wartung, Ersatzteile und Fahrradklamotten fallen im Jahresdurchschnitt etwa 75 Euro an. Im Winter nutze ich für diesen Sport eine Onlineplattform, auf der sich Rennradfahrer weltweit treffen und gemeinsam in virtuellen Landschaften trainieren können. Mein Rad steht dann drinnen auf der Rolle vor dem Fernseher. Monatlich 15 Euro gebe ich in den Wintermonaten dafür aus.
Mein ZEIT-Kombiabo für Print und Online kostet etwa 20 Euro monatlich, für das Handelsblatt gebe ich 30 Euro aus und zehn Euro für die Readly-App mit verschiedenen Magazinen. Zusätzlich unterstütze ich Krautreporter, weil ich das Konzept gut finde – werbefreier, unabhängiger Journalismus. Das kostet mich sieben Euro monatlich. Außerdem zahle ich für Netflix 13 Euro, für Amazon Prime etwa sechs Euro und für Spotify zehn Euro im Monat. Bücher kaufe ich mittlerweile seltener, das war früher anders. In etwa investiere ich 100 Euro pro Monat in meinen Medienkonsum. Zusammen mit den Ausgaben für Sport würde ich deshalb insgesamt 250 Euro für den Freizeitbereich veranschlagen.
Reisen: Meine Frau und ich reisen beide sehr gerne und viel – von Wochenendtrips bis zu längeren Reisen. Durch Corona ist das aber nur eingeschränkt möglich. In einem coronafreien Jahr geben wir 5.000 bis 10.000 Euro für Reisen aus, schätze ich. Mal sind wir mit dem Auto irgendwo hingefahren, mal haben wir das Flugzeug genommen. Oft haben wir dann auch bei Einheimischen gewohnt, um etwas von der Kultur vor Ort mitzubekommen. Wir waren schon auf fast jedem Kontinent. Die vergangenen zwei Jahre wurde das deutlich weniger: Wenn wir überhaupt weggefahren sind, waren das meist Roadtrips zu Verwandten und Freunden innerhalb Deutschlands. Dadurch hatten wir kaum Ausgaben für Unterkunft, Spritkosten laufen über den Firmenwagen. Mehr als durchschnittlich 50 Euro im Monat habe ich in der Zeit wahrscheinlich nicht fürs Reisen ausgegeben.
Versicherungen: Ich habe eine Haftpflichtversicherung, für die ich 130 Euro im Jahr zahle. Weil meine Hausratversicherung beispielsweise auch mein Rennrad umfasst, ist sie relativ teuer: 340 Euro im Jahr. Auch wegen meines eigenen Unfalls habe ich eine Unfallversicherung für 240 Euro jährlich. Für unsere Reisen habe ich eine Reisekrankenversicherung, die aber nur zwölf Euro im Jahr kostet. All diese Versicherungen gelten für meine Frau und mich, laufen aber über mein Konto. Addiert zahle ich also 722 Euro pro Jahr, das ergibt gerundet 60 Euro im Monat. Außerdem bin ich privat krankenversichert. Hierfür fallen noch einmal 700 Euro an, die aber zur Hälfte mein Arbeitgeber trägt. Insgesamt gebe ich deshalb monatlich 410 Euro für Versicherungen aus.
Rente und Sparen: Altersvorsorge und Sparen sind für mich eng verknüpft. Natürlich bin ich über meinen Arbeitgeber gesetzlich rentenversichert. Alles, was ich spare, investiere ich in Fonds, die über Wertsteigerungen und Dividenden das Geld vermehren. Bei der Auswahl der Fonds stelle ich mir regelmäßig die Ethikfrage. Rüstungskonzerne zum Beispiel und generell Firmen aus Ländern mit politisch fragwürdigen Verhältnissen sind für mich ein No-Go. Seit einer Umschichtung meiner Anlagen liegt die Hälfte meiner Investments in Nachhaltigkeits- oder Gesundheitsfonds. Meistens streue ich meine Investitionen aber sehr breit, um das Risiko überschaubar zu halten. Meine Idee ist, mir einen Kapitalstamm aufzubauen, den ich im Alter nutzen kann. Dafür investiere ich mindestens 2.000 Euro monatlich, es kann aber auch mal das Doppelte sein. Aktuell sind so rund 350.000 Euro zusammengekommen. Diese Methode ist mir lieber, als in ein klassisches Rentenprodukt zu investieren. Als Wirtschaftswissenschaftler habe ich Spaß daran, mir zu überlegen, wo ich mein Geld anlege und wie ich es investiere – deshalb mache ich das alles selbst. Jedes Investment ist ein Risiko, aber lieber gehe ich das selber ein, als Gebühren dafür zu zahlen, dass andere dieses Risiko für mich eingehen.
Spenden: Ich engagiere mich bei einer Reihe von Stiftungen und Organisationen: Für die Mitgliedschaft in einer Partei zahle ich ungefähr 22 Euro pro Monat. Ich bin außerdem in einer Stiftung, die Herzforschung fördert, das kostet mich zwölf Euro monatlich. Dazu bin ich Mitglied in fünf Fördervereinen, beispielsweise von Kirchen und Museen, die mir wichtig sind – hierfür gebe ich jeweils circa 200 Euro im Jahr aus. Letztes Jahr habe ich zudem 250 Euro für ein Kinderhospiz gespendet. Mit 200 Euro im Jahr unterstütze ich eine Aktion, die Therapien für Kinder anbietet, die mit dem Tod in Berührung gekommen sind. Organisationen, die sich für Organspenden und medizinische Aufklärung einsetzen, unterstütze ich ebenfalls mit 200 Euro pro Jahr. Das sind nur einige Beispiele. Welche Themen und Projekte ich mit welcher Summe unterstütze, schwankt von Jahr zu Jahr. Aber wenn ich mir die vergangenen zwei bis drei Jahre anschaue, wird deutlich, dass es nie weniger als 4.000 Euro im Jahr waren. Auf den Monat gerechnet wären das also etwa 350 Euro. Schon meine Großeltern und Eltern haben mir mit ihrer Spendenbereitschaft und viel ehrenamtlicher Arbeit vorgelebt, dass man anderen helfen kann, wenn man selbst privilegiert ist. Und auch die Erfahrungen rund um meine Invalidenrente haben mir gezeigt: Wer Geld, Bildung, Zeit und Hartnäckigkeit hat, sich mit den Behörden auseinanderzusetzen, bekommt eher Unterstützung als diejenigen, die sie am nötigsten bräuchten. Deshalb möchte ich etwas an andere abgeben.
Sonstiges: Zusätzlich bin ich Mitglied im ADAC. Der Grund sind aber eher die Vorteilspakete beim Reisen als die Dinge, die mit dem Auto zu tun haben. Das kostet mich etwa 130 Euro im Jahr oder elf Euro monatlich.
Das bleibt am Ende übrig
Ich habe einen gewissen Puffer auf dem Girokonto, um flexibel und abgesichert zu sein. Das hat sich über die Jahre verändert: Früher waren es 5.000 Euro, dann lange 10.000 Euro, jetzt sind es 20.000 Euro. Alles andere investiere ich in die erwähnten Fonds. Hier muss ich mich etwas vor mir selber schützen, damit ich nicht in die Versuchung komme, mir aus einer Laune heraus irgendetwas sündhaft Teures zu gönnen. Irgendein Küchengerät zum Beispiel – zuletzt habe ich für so etwas auf einen Schlag 4.000 Euro ausgegeben.
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