Mittags 12 Uhr in Stockholm. Wachablösung der königlichen Garde am Schloss. Tausende Touristen verfolgen die Zeremonie der Soldaten. Man hört ein aufgeregtes Stimmgewirr: Englisch, Schwedisch, Arabisch, Deutsch. Auch Martin Fischer ist mit seiner Familie dabei. „Ich hab das zum ersten Mal gesehen und bin wirklich beeindruckt. Von der Musik, von den Farben, aber auch von der Menge an Publikum. Das hätte ich nie gedacht, dass so viele Menschen sich das ansehen, aber das Wetter ist ja fantastisch."
Die Touristenmassen kommen aus allen Teilen der Stadt oder direkt vom Kreuzfahrtschiff zum Schloss. Doch wie sie dorthin befördert werden, darüber ist jetzt eine Diskussion entbrannt. Busse spucken im Minutentakt hunderte Menschen aus. Direkt vor dem Schloss. Das führt zu Staus, Chaos, Lärm.
Die Zeitung Dagens Nyheter berichtet, dass sich die Königsfamilie am Trubel vor dem Schloss stört und zitiert eine Sprecherin der Stockholmer Tourismusbehörde mit den Worten: „Wir bekommen Druck von der Königsfamilie. Sie sind nicht zufrieden, sie finden, dass es nicht gut aussieht."
Irene ist Parkwächterin. Sie hilft dabei, dass Touristen in die Altstadt gelangen, weist Busse ein, diskutiert mit den Fahrern, wie lange sie wie auf dem Slottsbacken, dem Platz auf der Vorderseite des Stockholmer Schlosses, stehen bleiben dürfen. Es sind nur einige Minuten. Trotz aller Mühe ist die Situation mittags unübersichtlich.
„Da ist die Wachablösung mit dem Musikkorps zu Pferde. Es sind viele Touristen, viele Kreuzfahrtschiffe, die in der Stadt anlegen. Da kommt es zu einem totalen Chaos in Stockholm."
Sobald die Fahrer ihre Passagiere vor dem Schloss abgeladen haben, müssen sie sich einen Parkplatz suchen. Wenn sie keinen in der Nähe finden, fahren sie manchmal stundenlang in der Stadt herum. Wenn ein Fahrer weit rausfährt, um den Bus abzustellen, riskiert er, im Stau stecken zu bleiben, und die Touristen warten zu lassen.
Wie steht der Königshof zum Lärm?
Die Situation ist suboptimal für die Fahrer, und wenn man so will, auch für die Anwohner, in diesem Fall die Königsfamilie. Aber ein echtes Ärgernis für den Hof?
„Ja, das verstehe ich, da entstehen viele Abgase. Die machen die Fassaden kaputt, es gibt ja viele alte Gebäude in der Altstadt. Und es gibt eine Menge Vibration, das macht die Steine kaputt. Das ist schade!"
Gegenüber Radio Schweden dementiert das Königshaus allerdings, dass sich König und Königin wirklich an den Bussen stören. Ihre Sprecherin Margareta Thorgren:
„Der König, die Königin und die Königsfamilie sind sehr glücklich, dass es ein großes Interesse am Schloss gibt. Es ist gut, wenn die Anzahl der Touristen steigt."
Natürlich sei die Überfüllung grundsätzlich ein Problem, gibt Thorgren zu. Für dessen Lösung sei aber die Stadt Stockholm zu ständig.
„Es ist eine Gefahr für die Allgemeinheit, weil es viele Menschen gibt, die in dem Umkreis unterwegs sind und spazieren gehen. Das Stockholmer Schloss ist ja auch der Arbeitsplatz des Hofstaats. Klar hören wir manchmal, wenn viel Verkehr ist. Aber der Tourismus besteht ja darin, dass viele Menschen da sind und das ist positiv."
Ob das Könighaus sich nun wirklich über die Busse im eigenen Vorgarten ärgert oder nicht, ändert wenig an dem Problem. Busse schieben sich manchmal nur einen Spalt breit aneinander vorbei, sie stinken und sind laut.
Die Stadt Stockholm sucht nach Lösungen. Alternativen könnten eine Bimmelbahn auf Rädern sein oder ein Aufzug vom Schlosskai am Ufer zu den Högvaktsterrassen, einem Platz auf der Rückseite des Schlosses.
Wenn es nach Alois Kaltenecker ginge, der Reiseveranstalter aus Landshut und selbst Busfahrer ist, müsste die Stadt dringend mehr Parkplätze schaffen.
„Du hast hier fast nirgends die Möglichkeit, offiziell und beruhigt zu parken."
Kaltenecker hat einen Parkplatz unterhalb des Slottsbacken ergattert. Aber das war, wie er sagt: „Glückssache. Und wenn, dann bist du auch auf der Flucht. Eine Stunde darf man hier stehen." Manchmal fährt auch er direkt auf den Slottsbacken, ins Busgetümmel.
Verkehrsregulierung eine "Unverschämtheit"
„Zum Ausladen, zum Parken nicht. Wenn du unten nirgends ausladen kannst, fährst du halt hoch. Und dann fährst du wieder weg. Ich find es persönlich eine Unverschämtheit. Wir fahren im Jahr noch einmal nach Stockholm und dann ist gut. Es ist mir echt zu blöd hier. Der ganze Kreuzfahrtzirkus, da sind 50, 80 Busse mit einem Schiff unterwegs - dann ist die Stadt zu."
Für den Unternehmer ein Grund, Stockholm nur noch selten mit Reisegruppen anzufahren. In Italien sei das Problem ähnlich, ebenso in München. Anders sei es beispielsweise im Baltikum oder in Polen.
„Die Städtplaner oder die von der Tourismuswirtschaft müssen sich halt schon Gedanken machen, wenn man Parkplätze wegmacht, wie man das Ganze dann regelt. In der Innenstadt sind Riesenbettenburgen, und irgendwo muss man die Fahrzeuge hinstellen."
Bis die Stadt eine Lösung gefunden hat, wird Alois Kaltenecker seinen Frieden vermutlich nicht mit der schwedischen Hauptstadt machen.
„Ich bin froh, wenn ich Stockholm hinter mir habe. Weil das immer einfach anstrengend ist und wie gesagt, keine Busparkplätze, kein System. Das ist schwierig."
Zum Original