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Krise im Kleingarten

Viele Gartler sind aufgebracht, weil ihre Gärten unter Wasser stehen, und Biber Pflanzen, Obstbäume und Beerensträucher abholzen.

Verärgerung in den sonst so idyllischen Isarauen: Immer wieder verschlammt der Maria-Einsiedelbach. Verwässerte Gärten und Biberfraß sind die Folge.

Eigentlich ist sie ein Idyll im Herzen des Viertels: die Kleingartenanlage Süd-West 51 (SW51). Inmitten der Isarauen verstecken sich entlang der Benedikt­beurer Straße gut 50 Parzellen. Doch: Hinter den Gartenzäunen der Anlage brodelt es. Denn: Viele Gartler sind aufgebracht, weil ihre Gärten unter Wasser stehen, und Biber Pflanzen, Obstbäume und Beerensträucher abholzen. Den Grund dafür meinen die Gärtner bereits zu kennen: Der Maria-Einsiedelbach, der auf der Westseite entlang der Kleingartenanlage verläuft, versumpft zunehmend - das lockt Biber an und verwässert die Gärten. „Ein Unding", klagt auch Kleingärtner Joachim Henle. „Wenn nicht endlich etwas passiert, saufen wir hier ab!"

Bereits seit zehn Jahren pflegen er und seine Frau ihre Parzelle. Doch es kriselt schon länger: „Da der Bach nicht regelmäßig ausgebaggert wird, verschlammt er und fließt nur sehr träge", erzählt Henle. „Der Wasserspiegel steigt und das Wasser drückt gegen die Mauer, die den Bach von unseren Gärten trennt." Das Problem: Auch diese Mauer ist baufällig und müsste saniert werden - „und durch die brüchige Mauer sickert das Wasser in unsere Gärten." Bereits vor fünf Jahren hat Henle deshalb an Stadt und den Kleingartenverband geschrieben und Lösungsvorschläge gefordert. „Uns wurde sogar eine Renaturierung des Bachlaufs versprochen, doch passiert ist bis heute nichts."

Der Bachlauf könnte tatsächlich in einen naturnahen Zustand überführt und die Ufermauer saniert werden: „Allerdings sind diese Planungen sehr aufwendig, insbesondere weil der Bach sich im Fauna-Flora-Habitat-Gebiet befindet und es sich bei dem bestehenden Stau um eine denkmalwürdige Situation handeln könnte", sagt Referatssprecherin Monika Großkopf.

Von den Problemen ist jedoch nicht nur der Garten der Henles ist betroffen. In der Nachbarparzelle steht seit Monaten knapp 20 Zentimeter Wasser unter der Hütte. Der Erdkeller, den Henles Nachbarin bisher für die Lagerung von Gemüse genutzt hat - unbenutzbar. In der angrenzenden Parzelle haben Biber mehrere 15 Jahre alte Obstbäume abgeholzt. Die Satzung der Anlage schreibt vor, dass auf mindestens einem Drittel der Pachtfläche Obst und Gemüse angebaut werden muss - doch eine Entschädigung für die abgeholzten Bäume gab es nicht. „Wir bauen ja nicht gewerblich an, müssen deshalb selbst Ersatz für das beschaffen, was Biber vernichtet haben", erklärt Henles Nachbar. „Wo wir die Ersatzpflanzungen einsetzen, wenn der halbe Garten unter Wasser steht, ist die nächste Frage", sagt Joachim Henle.

„Wir stehen bereits in Kontakt mit der Stadt und lassen die Situation untersuchen", erklärt Axel Pürkner, Präsident des Münchner Kleingartenverbandes, auf Hallo-Nachfrage. „Garten- und Ingenieurbau prüfen die Situation - das dauert seine Zeit." Den Zorn der Gärtner kann Pürkner nicht nachvollziehen. „Eine Renaturierung ist ein großer Einschnitt in das Ökosystem des Bachs." Er würde sich wünschen, dass die Gärtner die Natur mehr schätzen würden. „Einen kleiner Bach direkt am eigenen Garten, das ist in einer Großstadt wie München einzigartig - schade, dass viele das scheinbar vergessen." Zudem seien die Preise für das „grüne Idyll" im Herzen der Stadt human: 42 Cent zahlen die Mieter pro Quadratmeter Gartengrund.

Viele von Henles Schreiben an den Kleingartenverband blieben hingegen unbeantwortet - bis jetzt. Denn im Herbst vergangenen Jahres hat er angedroht, zehn Prozent seiner Miete - umgerechnet etwa 30 Euro - einzubehalten. Darauf drohte der Verband mit der Kündigung, falls Henle den überfälligen Mietanteil nicht umgehend überweisen würde. „Das ist unser gutes Recht", erklärt Pürkner. Die Mietminderung nach eigenem Ermessen bezeichnet er als „Unverschämtheit". Und: „Eine rechtliche Grundlage gibt es dafür nicht." vha

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