Sendling: Gasteig prüft mögliches Ersatzquartier in Sendling: Künstler und Handwerker kämpfen um ihr Areal.
Erst wenige Tage sind vergangen, seit der Gasteig den neuen Favoriten für einen Ausweichstandort während der Sanierung präsentiert hat - schon hagelt es vehementen Widerstand. In einer Machbarkeitsstudie wird aktuell ein städtisches Gelände an der Hans-Preißinger-Straße geprüft - doch den Mietern gefällt diese Idee gar nicht.
„Uns hat niemand gefragt!", klagt Mirco Taliercio, Fotograf mit Atelier auf dem Gelände. Er ist der Strippenzieher im Kampf um den Verbleib im Viertel, vernetzt Mieter und schmiedet Pläne, um das Gasteig-Interim zu verhindern. „Völlig anders, als von der Stadt öffentlich kommuniziert, gibt es viel mehr als zwei bis drei Mieter", erklärt Taliercio. „Es gibt etwa 80 Einzelmietverträge - mit den jeweiligen Untermietern, beispielsweise in Ateliers, sind wir 300 bis 400 Personen." All ihre Existenzen seien nun durch die Pläne für das Gasteig-Ausweichquartier gefährdet.
„Wir wollen alle hier bleiben und dafür werden wir kämpfen", sagt Taliercio.
Der erste Schritt? „Alle zusammentrommeln!" Den ersten Termin für einen runden Tisch, den Gasteig und Vertreter der Stadt für den 13. Juli angeboten haben, haben die Mieter abgelehnt - sie wollen ihn auf Ende Juli verschieben. „Wir müssen uns einen Schlachtplan überlegen, bevor man uns einfach vor vollendete Tatsachen stellt." Sie wollen Argumente sammeln, den Entscheidern über die vielen Einzelschicksale auf dem Gelände berichten und so überzeugen - ein Rollstuhlfahrer, der auf seine speziell umgebauten Büroräume angewiesen ist, das Imal-Musiktheater, bei dem Kinder und Jugendliche in künstlerischen und sozialen Aspekten gefördert werden - in dieser Form einzigartig in Europa.
Privaten Investoren seien die Kosten, um die denkmalgeschützte Halle zu sanieren, bisher immer zu teuer gewesen. „Aber wenn die Stadt den Plan durchpeitschen will, scheut sie keine Kosten", meint Taliercio. „Wir hoffen, dass ein Appell an die Moral überzeugen kann." Die Mieter wollen nun zeitnah eine Online-Petition starten - und auch eine Unterschriftensammlung wäre denkbar.
Viele sind seit mehr als zehn Jahren auf dem Gelände, haben Räume aufwendig saniert und renoviert. Der Verein Mobilspiel bringt von dort aus seine Spielkistel in die Stadtviertel, ein Gartenbaudienstleister ist im Auftrag der Stadt in Kindergärten im Einsatz. „Wenn die Mieter ihre Räume in zentraler Lage verlieren, sind sie aufgeschmissen", erklärt Taliercio. „Für den Gasteig ist unser Areal nur eine Übergangslösung, uns kostet sie die Existenz." Eine Rückkehr auf das Gelände sei für die meisten keine Option - „schon ein Umzug all dessen, was wir uns hier aufgebaut haben, ist nahezu unmöglich", erklärt der Fotograf. „Wir haben alle viel Kraft, Geld und Zeit in das Gelände investiert", erklärt Taliercio, „wenn der Gasteig kommt, ist das alles dahin." Vanessa Hahn