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Neuer Film: Er machte die Katze salonfähig

Benedict Cumberbatch und Claire Foy als Katzenliebhaber. Bild: Imago

Will Sharpes „Die wundersame Welt des Louis Wain“ rekonstruiert das Leben des britischen Tiermalers. In der Hauptrolle brilliert Benedict Cumberbatch.

Bevor die Aristocats Klavier spielten und die Grinsekatze die junge Alice mit kryptischen Aussagen verwirrte, waren es die Katzen des Malers Louis Wain (1860 bis 1939), die während des Kartenspiels Zigarren rauchten oder bei der Teegesellschaft ein Pläuschchen hielten. Der Brite verhalf der Katze zum Aufstieg in die Bourgeoisie - in jene Kreise, die ihm selbst das Leben schwer machten. 

 Begleitet von der Stimme Olivia Colmans, erzählt nun der Film „Die wundersame Welt des Louis Wain" des Regisseurs Will Sharpe vom wundersamen Leben des verschrobenen Künstlers. Im viktorianischen London verdient Wain (Benedict Cumberbatch) seinen Lebensunterhalt mit Tierbildern, um seine fünf Schwestern zu versorgen. Prompt verliebt sich der junge Mann in Emily, die Gouvernante der Mädchen (Claire Foy). Der Skandal ist groß, denn die Angebetete ist von niedrigem Stand und nicht vermögend, ein Dorn im Auge des Bürgertums. Trotz aller Widerstände der gestrengen Schwestern heiraten die beiden, doch das junge Glück währt nicht lange. Emily stirbt an Brustkrebs, und Louis flüchtet sich in seine Kunst. 

 Inspiriert von Kater Peter, den das junge Paar einst rettete, widmet sich der schrullige Künstler von nun an der Katze, die in seinen Zeichnungen immer mehr menschliche Züge annimmt, sich beim Golfen die Schirmmütze zurechtrückt oder mit Gehstock und Monokel durch die Straßen Londons flaniert. Wie der Schriftsteller H. G. Wells einst formulierte: „Er hat sich die Katze zu eigen gemacht. Er erfand einen Katzenstil, eine Katzengesellschaft, eine ganze Katzenwelt." Im späten neunzehnten Jahrhundert, als der Hund schon verhätscheltes Familienmitglied war, blieb für die Katze nur der Ruf einer durch die Gassen streunenden Mäusefängerin. Postkartenmotive und Grußkarten von Louis Wain steigerten jedoch das Ansehen der Katze. Begleitet von einem choralen „Miau, miau", wird der Maler zum Präsidenten des nationalen Katzenklubs ernannt - ein Künstler als Advokat des Stubentigers.

Die Regie hält sich akribisch an das Leben Wains, der in einen Strudel aus Wahnvorstellungen einer alles durchströmenden Elektrizität gerät, die die Vergangenheit mit der Zukunft verbindet. Sein geistiger Verfall schlägt sich in seinen Bildern nieder: Die Katzenaugen werden größer, das Fell struppiger, die Farben knallbunt. Ornamentale und kaleidoskopische Formen verleihen den Zeichnungen einen psychedelischen Charakter. Wie in einem Fiebertraum sieht Louis plötzlich Menschen mit überdimensionalen Katzenköpfen. Diagnose: Schizophrenie. Heute würde man ihn wohl eher als neurodivers bezeichnen.

Seinen Lebensabend verbringt Wain in psychiatrischen Anstalten. Diese Szenen unterstreichen einmal mehr die schauspielerische Leistung Cumberbatchs, der den gebrochenen Künstler mit Rauschebart und leerem Blick überzeugend verkörpert. Freilich schreckt der Film nicht vor Rührseligkeiten zurück, sei es die pittoreske Natur, in der Emily und Louis in einem satten Grün wie auf einem Gemälde erscheinen, sei es Wains Vision eines schwebenden Tabletts in einer futuristisch wirkenden Umgebung. Mit diesem leichten Hang zur Übertreibung gelingt es Will Sharpe, die Leidensgeschichte des Louis Wain nuanciert herauszuarbeiten.

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