Dr. Ulrike Gebhardt

Freie Wissenschaftsjournalistin, RiffReporterin, Hildesheim

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Musik als Medizin - Parkinson-Patienten in Bewegung bringen


Auf einer Radtour im Frühling 2013 bleibt Mike Gabel plötzlich zurück. Am Morgen war er noch fröhlich zusammen mit seiner Frau und Freunden aufgebrochen, doch jetzt verlassen ihn die Kräfte. Mikes Frau ist schon länger aufgefallen, dass etwas nicht stimmt. Er wirkte oft niedergeschlagen und Arme und Beine schienen nicht so beweglich wie sonst. Als das Paar von der Tour zurückkommt, suchen sie den Rat eines Neurologen. Der findet recht schnell die Ursache: Mike ist an Parkinson erkrankt.

Was ihm nach der niederschmetternden Diagnose am meisten hilft, ist die Musik. Schon immer hat er gerne Musik gehört und auch selbst musiziert. Wenn ihm ein Lied gefällt, findet er rasch die Begleitakkorde auf der Gitarre und singt den Song selbst nach. Beim Musikmachen komme er in Kontakt mit sich selbst, Musik sei ein Teil von ihm, schildert er im Interview mit der Neurowissenschaftlerin und Opernsängerin Indre Viskontas.

Mike spielt und singt weiter, auch mit Parkinson. Relativ schnell nach der Diagnose schließt er sich einer Tanzgruppe an, deren Teilnehmer alle an der Krankheit leiden. Eigentlich ist er gar kein Tänzer, aber in der Gruppe ist es anders. Ein Pianist begleitet die Stunden, Tänzer und Therapeuten leiten die Teilnehmer an. Bewegungen gelingen, die sonst nicht mehr möglich sind. Wer vorher nachdenklich und grau die Halle betrat, verlässt sie nach der Stunde mit geröteten Wangen, einem Lächeln und dem Gefühl von Leichtigkeit.

Musik als Medizin

Musik als Medizin zu nutzen, hat eine lange Tradition. Schon seit der Steinzeit versuchen Menschen, Krankheiten mit Musik und Rhythmus zu heilen. „Die meisten Schamanen und Heilerinnen der Naturvölker nutzten Trommeln und Gesang zum Kurieren psychischer und körperlicher Leiden", schreibt Rüdiger Braun in seinem Buch „Unsere 7 Sinne - die Schlüssel zur Psyche" (1). Altägyptische Papyrusrollen priesen die Heilkraft der Musik ebenso wie das Alte Testament der Bibel. „Im Mittelalter musste jeder angehende Arzt auch Musik studieren", heißt es in dem Buch weiter.

Wir empfinden Musik und Rhythmus als wohltuend, wohl auch weil wir selbst Rhythmus sind. Wir atmen rhythmisch, laufen rhythmisch und unser Herz schlägt mal in einem schnelleren, mal in einem langsameren Takt. Innere Uhren in allen Körperzellen sorgen für tagesrhythmische Schwankungen der Organaktivitäten, von der Immunabwehr bis zur Verdauung. Auch unser Gehirn schwingt und wummert in einem wellenförmigen Rhythmus, einem Auf und Ab der elektrischen Aktivität, über die die Nervenimpulse weitergegeben werden (2).

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