Udo Reuß

Freier Wirtschafts- und Steuerjournalist, Gerolzhofen

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Steuerrecht: Aktuelle Änderungen im Überblick

Steuerrecht
Aktuelle Änderungen im Überblick

 

Das Jahressteuergesetz 2013 scheiterte - und dennoch wurden seither einige Steuergesetze verabschiedet. Udo Reuß fasst die aktuell umzusetzenden Änderungen zusammen.

 

15. Jul 2013 von Udo Reuß

 

Die monatelange Auseinandersetzung um das letztlich gescheiterte Jahressteuergesetz 2013 (JStG) und weitere parallel laufende Steuergesetzgebungsverfahren haben viele Unternehmen verwirrt. Schließlich wurden viele, aber eben längst nicht alle geplanten Regelungen des JStG 2013 mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) umgesetzt - siehe hierzu: Wichtige Neuregelungen im Überblick .

 

Nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 29. Juni 2013 gelten die meisten Änderungen seit dem 30. Juni 2013. Zu den wichtigsten Neuregelungen gehören:

die Einführung einer Lohnsteuer-Nachschau als neue Möglichkeit, dass Lohnsteuer-Außenprüfer unangekündigt Kontrollen in den Geschäftsräumen durchführen können die verbesserte Zusammenarbeit zwischen Steuerbehörden innerhalb der EU die Bekämpfung beziehungsweise Einschränkung einiger unliebsamer Steuersparmodelle (Goldfinger bei der Einkommensteuer; Cash-GmbH bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer; RETT-Blocker bei der Grunderwerbsteuer) zahlreiche umsatzsteuerliche Änderungen, die auch Änderungsbedarf bei der Rechnungsstellung nach sich ziehen die steuerliche Förderung der Elektromobilität

 

Zudem wurde eine 2-jährige Geltungsdauer für Lohnsteuerfreibeträge für Werbungskosten, die den Pauschbetrag von 1.000 Euro übersteigen und Sonderausgaben eingeführt. Arbeitnehmer können künftig die im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigenden Freibeträge für 2 statt für 1 Jahr beim Finanzamt beantragen. Der Lohnsteuer-Ermäßigungsantrag muss demnach nur noch alle 2 Jahre gestellt werden. Der Lohnsteuerfreibetrag wird als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal (ELStAM) übermittelt. Die Eintragung eines Freibetrags bei den ELStAM steht allerdings unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.


Verzögerung der technischen Umsetzung

Aus technischen Gründen funktioniert zurzeit die zweijährige Geltungsdauer im ELStAM-Verfahren noch nicht. Der genaue Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung wird in einem Schreiben des Bundesministerium für Finanzen (BMF) mitgeteilt. Experten gehen aber davon aus, dass diese Ausbaustufe des ELStAM-Verfahrens möglicherweise erst für das Jahr 2015 umgesetzt wird. In der Konsequenz müssen für das Jahr 2014 die Lohnsteuer-Freibeträge wieder neu beantragt werden.

 

Generell gilt: Wurde ein Freibetrag zu Unrecht gewährt, wird dies spätestens beim Einkommensteuerbescheid korrigiert. Denn ein Freibetrag senkt die monatliche Bemessungsgrundlage, also das steuerpflichtige Bruttogehalt. Die geringere Lohnsteuer ermöglicht eine höhere Nettogehaltszahlung an den Arbeitnehmer. Dieser ist aber bei Nutzung eines Freibetrags verpflichtet, eine Einkommensteuerklärung abzugeben.

 

Sobald die technische Umsetzung des ELStAM-Verfahrens bezüglich der 2-jährigen Geltungsdauer abgeschlossen ist, gilt jedoch eine neue Verpflichtung: Sollten sich innerhalb des Zweijahreszeitraums die Verhältnisse beim Arbeitnehmer derart ändern, dass sich ein geringerer Freibetrag ergibt, dann ist dieser gesetzlich verpflichtet, dies dem Finanzamt mitzuteilen. Denkbare Fälle wären zum Beispiel eine kürzere Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach einem Arbeitgeberwechsel oder der Wegfall einer doppelten Haushaltsführung. Ändern sich hingegen die Bedingungen so, dass der Steuerpflichtige einen höheren Freibetrag beanspruchen könnte, so kann er dies dementsprechend bei seinem Wohnsitzfinanzamt unterjährig beantragen.

 

Eine weitere lohnsteuerrelevante Änderung ist die Einführung einer Pauschalversteuerung von Datenverarbeitungsgeräten wie Computer, Tablets und Smartphones, die der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt.


Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz

Am 7. Juni 2013 passierte neben dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz auch das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz den Bundesrat. Dieses bringt folgende Änderungen:

Einführung eines neuen Produktinformationsblatts für alle Produktgruppen zertifizierter, steuerlich geförderter Altersvorsorgeverträge. Dieses soll Verbrauchern in leicht verständlicher und standardisierter Form einen Produktvergleich der verschiedenen Vorsorgeprodukte ermöglichen. Vereinfachung des „Wohn-Riesters“ (Eigenheim-Rente): Künftig kann in der Ansparphase jederzeit Kapital entnommen werden, so zum Beispiel auch für eine Modernisierung. Bisher durfte das Kapital aus einem Wohn-Riester-Vertrag nur für den Erwerb, den Bau oder die Tilgung einer selbst genutzten Wohnimmobilie verwendet werden. Förderung des Wohnungsumbaus im Alter: Es können auch Umbauten, die Barrieren reduzieren, in die Eigenheimrentenförderung einbezogen werden. Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung können besser steuerlich geltend gemacht werden. Die bisherigen engen Voraussetzungen im Rahmen von Altersvorsorgeverträgen werden erweitert. Auch die Absicherung gegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit mit einer lebenslangen Leistung wird künftig steuerlich gefördert.

Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012

Für die Praxis der Jahresabschlussersteller wichtig ist, dass am 25. März 2013 im Bundessteuerblatt 2013 I S. 276 ff. die neuen Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 (EStÄR 2012) veröffentlicht wurden. Zwar binden diese als Verwaltungsvorschrift nur Finanzämter, dennoch sollten Finance-Experten die bilanzsteuerrechtlichen Neuregelungen kennen, die hier nur stichpunktartig genannt werden können:

Begründung der Buchführungspflicht durch eine ausländische Rechtsnorm Wahl zwischen der Gewinnermittlungsmethode (Bilanzierung oder Einnahmen-Überschussrechnung) Bilanzänderung nach Bilanzberichtigung bei Mitunternehmerschaften Betriebsausgabenabzugsverbot für von Organen der EU festgesetzte Geldbußen Rückstellungen für nicht abzugsfähige Gewerbesteuer in der Steuerbilanz Aufnahme von Zuschüssen für Anlagegüter in ein gesondertes Verzeichnis Gesonderte Aufzeichnungspflichten bei Übertragung stiller Reserven im Rahmen einer Rücklage für Ersatzbeschaffung Verlängerte Fristen bei der Auflösung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung Teilwertabschreibung auf das Vorratsvermögen als eigenständige steuerliche Regelung Anwendung der Lifo-Bewertung Begrenzung der Höhe der Rückstellung auf den handelsrechtlichen Wertansatz Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten für in einen Sammelposten einbezogene Wirtschaftsgüter Beschränkung des Ansatzes von Pensionsrückstellungen dem Grunde, aber nicht der Höhe nach auf den handelsrechtlichen Wertansatz Gesonderte Aufzeichnungspflichten bei Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG Neue steuerliche Herstellungskostenuntergrenze, die zwingend die Einbeziehung der Kosten für die allgemeine Verwaltung und der Aufwendungen für soziale Einrichtungen vorsieht.

Der letzte Punkt ist in der Wirtschaft auf erhebliche Kritik gestoßen, weil dies zu einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand insbesondere im Mittelstand nach sich gezogen hätte. Folglich hat das BMF schnell mit einem Nichtanwendungsschreiben vom 25. März 2013 reagiert, indem es vorerst das handelsrechtliche und steuerrechtliche Aktivierungswahlrecht für die Verwaltungsgemeinkosten weiterhin zulässt. Ausführlich hierzu: Bewertungswahlrecht gilt vorerst weiter .


Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung

Für eine Steuerrechtsänderung, auf die sich exportierende Unternehmen einstellen müssen, läuft nun der Countdown. Denn die geänderte Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung sieht ab dem 1. Oktober 2013 Neuregelungen zu den Nachweisen der Umsatzsteuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, also innerhalb der EU, vor. Auch hier gab es nach einem Proteststurm einen Rückzieher der Finanzverwaltung.

Waren können innerhalb der EU umsatzsteuerfrei geliefert werden, vorausgesetzt, der Lieferant weist nach, dass diese tatsächlich Deutschland verlassen haben und zum ausländischen Bestimmungsort gelangt sind. Um dies eindeutig nachzuweisen wollte die Finanzverwaltung als einzigen Nachweis die Gelangensbestätigung als Standardbeleg durchsetzen, eine vom ausländischen Kunden unterschriebene Empfangsbestätigung.

Die massive Kritik von Verbänden überzeugte schließlich den Gesetzgeber. Neben der Gelangensbestätigung sind nunmehr weiterhin eine Reihe weiterer alternativer Nachweise zulässig, was als praxisfreundlich anzusehen ist. Anzumerken ist, dass die Gelangensbestätigung als die sicherste Methode gilt, um bei Betriebsprüfungen den Vorsteuerabzug nicht zu gefährden.

Offene Fragen könnten sich insbesondere in Abholfällen ergeben, also wenn der Kunde die Ware selbst abholt oder durch einen von ihm beauftragten Spediteur abholen lässt. Hier kann der entsprechende Nachweis in der Regel noch nicht zum Zeitpunkt der Warenabholung, sondern erst bei deren Ankunft im Bestimmungsland hinreichend sicher erbracht werden. Insofern bleibt beim Lieferant bei der Abholung die Ungewissheit, ob die Ware tatsächlich ins Ausland verbracht wird und ob der für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erforderliche Belegnachweis geführt werden kann. Für die Abholung durch den Abnehmer verbleibt daher die Gelangensbestätigung als einzige sichere Nachweismöglichkeit.

Exportierende Unternehmen sollten die verbleibende Zeit bis Ende September nutzen, um sich auf diese veränderten Nachweispflichten einzustellen. Für weitere Informationen hierzu siehe: Gelangensbestätigung wird entschärft .

 

Udo Reuß ist freier Wirtschaftsjournalist. Er arbeitet unter anderem als Chefredakteur von "bilanz + buchhaltung". Die Fachzeitschrift erscheint im Verlag von Haufe-Lexware.

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