„Wir als Jusos haben uns über das Phänomen ‚Martin Schulz' sehr gefreut, da wir hier im Kreis Fulda im Gegensatz zur Jungen Union ja deutlich in der Minderheit sind", sagt Julius Vogel. Martin Schulz habe für eine Aufbruchsstimmung gesorgt. Viele seien ins SPD-Büro gekommen und wollten sich engagieren. „Auch wir Jusos haben extrem profitiert. Mittlerweile sind wir 20 aktive Leute - vor Schulz waren wir zu zehnt, wussten auch gar nicht, ob wir weitermachen." Die Frage stellt sich jetzt nicht mehr.
Stammtischgerede ist Quatsch„Ich bin selbst erst seit einem Jahr dabei. Damals bin ich spontan vorbeigekommen. Die Leute nehmen dich direkt auf." Julius (23) hat sich an dem ganzen Stammtischgerede gestört. Jeder habe nur von denen da oben geredet. „Das ist Quatsch. Wir sind eine Republik, es können sich alle einbringen." Jeder, der zu den Jusos kommt, merke wie viel Spaß das macht. „Wir tauschen uns regelmäßig aus, und das ist wahnsinnig interessant und spannend, Dinge und Meinungen zu erfahren, die man vorher nicht kannte." Es geht aber nicht nur um Politik. „Nach einer Sitzung gehen wir natürlich auch nochmal in die Altstadt."
Schulz im SinkflugAber - der Hype um den Kanzlerkandidaten ist vorbei, die Zustimmung zu Schulz und seiner SPD sinkt, die stolze Volkspartei muss eine Wahlniederlage nach der anderen einstecken. Doch Julius wiegelt ab. „Es ist schade, dass wir in Schleswig-Holstein verloren haben. Doch da ging es um Länderpolitik. Das kann man nicht auf unseren Kanzlerkandidaten schieben." Und trotzdem, auch im Bund schwächelt der Heilsbringer: Nur noch 37 Prozent der Deutschen wünschen sich Martin Schulz als Kanzler (Politbarometer vom 28. April).
„Klar, er hat ja auch noch gar nicht geliefert. Es gibt kein Wahlprogramm. Das muss die ganze Partei ausarbeiten, nicht nur Schulz alleine." Nur dann könne der Wähler wissen, warum er Schulz und die SPD wählen solle. Damit lasse sich die SPD aber noch Zeit. „Sobald das steht, können wir richtig in den Wahlkampf einsteigen und den Unions- und Nichtwählern sagen, warum es ihnen Vorteile bringt, SPD zu wählen." Mit Blick auf die NRW-Wahl wäre es sicher nicht schlecht, jetzt schon ein paar Programmpunkte präsentieren zu können.
NRW - die entscheidende WahlSie gilt als kleine Bundestagswahl. Die SPD muss gewinnen. Sonst sieht es für den Bund düster aus. „Auch wenn das Programm für den Bund noch nicht steht, weiß man wofür die SPD steht, nämlich Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Die Säulen sind unverrückbar und da bin ich stolz, Sozialdemokrat zu sein." Die SPD habe in ihrer langen Geschichte immer gezeigt, dass sie das, wofür sie steht, ernst nimmt und für die Mitte der Gesellschaft einsteht.
CDU in die Opposition - rot-rot-grün im Bund„Das Programm für den Bund muss sorgfältig ausgearbeitet werden, und das dauert eben. Wir wollen ja Themen anbieten, die auch einen Mehrwert haben." So wolle sich die SPD von der CDU abgrenzen, die keine Inhalte habe. „Die werben nur mit Angela Merkel und haben keine großen Visionen, die sie anpacken wollen." Rente, Krankenversicherung, Staatsverschuldung, Bildung, Europa - alles Themen die Merkel liegengelassen habe. „Das sind Gründe, warum ich mich eben nicht für die Junge Union, sondern die Jusos entschieden habe."
Für den Bund wünscht sich Julius, die CDU in der Opposition. Das geht aber nur, wenn SPD und Grüne wahlweise mit FDP oder Linken koalieren. Die Sozialdemokraten tun sich aber schwer mit rot-rot-grün. „Da unterscheiden wir Jusos uns deutlich von der SPD. Wir haben schon immer gesagt, dass man sich die Möglichkeit offen halten muss, um wirklich eine Alternative zu haben." Man müsse den Linken auch mal die Chance geben, Verantwortung zu tragen. „Dann wird man sehen, dass Extrempositionen, wie der Austritt aus der Nato, nicht umgesetzt werden. Wir haben Überschneidungen mit den Linken und wollen die Zusammenarbeit auch möglich machen." Warum es so ein Bündnis auf Bundesebene noch nicht gegeben hat, liege an der deutschen Mentalität: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Und so wählt er lieber Merkel." Obwohl Merkel-Jahre verlorene Jahre seien.
Auf der einen Seite könne die SPD mit der Linken vieles umsetzen, auf der anderen Seite schwebe das Gespenst des Kommunismus über der Partei. „Das treibt die Wähler dann leider zur Union." Jugendliche und junge Erwachsene seine da viel progressiver. Das merke man an den Jusos. „Wir pushen die Altpartei in ihren Themen und sind deutlich linker als die SPD. Wobei die Fuldaer Jusos noch relativ konservativ sind."