Tobias Singer

Senior Editor/ Senior Multi Channel Manager // Ressortleiter Auto & Technik..., München

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Sidney Hoffmann: „Tuning ist salonfähig" - Von Karbon bis Camouflage, der PS-Profi im GQ-Interview über Tuningtrends und Seifenkistenrennen

Tiefer, schneller, breiter - Die Zeiten, in denen Tuning Abflussrinne statt Auspuffrohr bedeutete, gehören der Vergangenheit an, genauso wie Autofernsehen nach dem Focusmotto „Fakten, Fakten, Fakten". Ein Vertreter der neuen Generation ist Sidney Hoffmann, Chef seiner eigenen Tuning-Schmiede „Sidney Industries" und eine Hälfte vom Fersehduo „Die PS Profis". Der Ruhrpottler spricht mit GQ über Chrom- und Matt-Töne, den berühmten Gentlemanstart und Seifenkisten.

GQ: Bei den „PS-Profis" sind sie Teil einer erfolgreichen Autoserie im Fernsehen. Ist TV für Sie mit der gleichen Leidenschaft verbunden wie das Thema Auto?


Sidney Hoffmann: Klar, wir haben unsere Freiheit. Wir sind nicht gescripted. Wir können wirklich erzählen, was wir wollen. Die halten einfach drauf. Für ein gescriptetes Format bin ich einfach auch zu blöd. (lacht) Ich kann mir den Text ja gar nicht merken. Das Team macht die Kamera an und dann rede ich drauf los. Ich verhandele auch nicht vorher mit den Leuten. Ich sag, ich bin Sidney, dann gibt's ein bisschen Small Talk, alles cool. Aber ich rede vorher nicht über das Auto. Das passiert erst, wenn die Kamera an ist. Das ist auch wichtig. Denn nur so entsteht auch das, was man dann am Ende bei den „PS-Profis" sehen kann.


 GQ: Mit „Sidney Industries" besitzen Sie Ihre eigene Tuningschmiede. Das Thema „Tuning" wird immer schnell mit einem gewissen Prollimage verbunden. Hat sich da etwas geändert?


S.H.: Ich kann nur sagen, dass das Tuning sich von dieser D&W-Schiene gelöst hat, also dem Inbegriff des Prolligen von „lauter, tiefer, breiter" mit entsprechenden Sprüchen auf der Heckscheibe. Die Zeit hat sich einfach geändert. Wenn man zum Beispiel auf „Brabus" schaut, wie die ihre Wagen umbauen, dann ist das alles sehr stilvoll. Und genau das möchte ich auch verfolgen. Stilvolle Elemente, vernünftige Felgen, vernünftiges Tieferlagen. Es geht darum, immer noch das Fahren im Hinterkopf zu behalten. So kann man sagen, Tuning ist salonfähig, definitiv.


 GQ: Was funktioniert für Sie beim Tunen überhaupt nicht?


S.H.: Wenn man etwa bei einem BMW M3 eine Abgasanlage runtersetzt, die von hier nach Köln schreit und dazu noch 12J-Tiefbettfelgen aus Chrom aufzieht, die dir das Sonnenlicht nehmen, weil du vor Glanz erblindest. Denn das bringt A leistungstechnisch überhaupt nichts und es sieht B auch nur prollig aus.


 GQ: Wir sehen ja, dass auch bei den Serienfahrzeugen ein Trend zum optischen Tuning geht, wenn zum Beispiel sichtbare Karbonteile zum Einsatz kommen. Aber Karbonfolie ist doch wohl tabu, oder?


S.H.: Also, nee, echt. Wenn irgendeiner bei mir reinkommt, das kommt leider öfter vor, und sagt ‚Du Sidney, ich möchte jetzt Karbonfolie haben und bitte folier mir noch die und die Teile mit Karbon', dann kann ich nur sagen, sorry, mach ich nicht. Ich weigere mich einfach, das zu tun. Man muss ja auch mal im Hinterkopf behalten, dass der dann rausgeht zu seinen Kollegen und denen erzählt ‚Ich habe mein Auto gerade von „Sid" geholt, sieht das nicht geil aus?' Was ich versuche, ist den Kunden zu bekehren und ihn auf die gute Seite der Macht zu bringen und wenn das nicht möglich ist, dann lasse ich das Gastspiel gerne ausfallen.


 GQ: Was einem auch öfter auf der Straße begegnet ist Balotelli-Chrom oder der Camouflage-Look. Was hältst du von solchen Geschichten?


S.H.: Auf jeden Fall. Chrom ist gerade groß im Kommen. Gerade diese farblichen Chrom-Akzente in Blau oder in Rot. Wenn man dem Wagen nicht eine Überdosis verpasst, dann finde ich das gar nicht so schlecht. Auch Camouflage geht. Wenn man zum Beispiel einen Aston Martin nimmt, ist der zwar an sich elegant, aber den kann man mal mit so einem Stilmittel ausstatten. Wichtig ist nur, dass dann auch als Statement alleine wirken zu lassen. Sonst wird es schnell zu verspielt.


 GQ: Auch Matttöne sieht man häufig auf der Straße, ist das noch ein Trend oder ist die Phase schon wieder um?


S.H.: Jetzt kommen ja ohne Ende Matttöne. Aber ich glaube eher, dass der Trend so langsam wieder abklingt. Einen Mix aus matt und glänzend finde ich dagegen sehr schön. In der Variante Ton in Ton. Aber reines Mattschwarz oder Mattweiß, das ist vorbei. Die, die das noch machen, haben das irgendwie verpasst und holen es jetzt nach, merken dann aber auch in einem halben Jahr, verdammt, das war doch das falsche. Es ist ja so, die Leute sehen einen Mattton und denken, das wäre ganz schön freakig, ein Blick über den Tellerrand. Aber wenn man ihnen dann mal Strukturfolie in Aluminium- oder Edeltstahloptik zeigt, das gibt es inzwischen auch in allen möglichen Farbvarianten, dann merken sie, dass der Teller doch noch nicht zu Ende ist.


 GQ: Strukturen auf dem Auto - ist das also der Trend der nächsten Jahre?


S.H.: Ich bin jedes Jahr auf der Sema Tuning Show in Las Vegas und schaue natürlich nach den neuesten Entwicklungen. Und Strukturfolien kommen immer mehr, wie gebürstetes Alu zum Beispiel. Die Strukturen sind teilweise nicht nur in Strichrichtung angebracht, sondern auch mal völlig wild durcheinander.

Lesen Sie im zweiten Teil des Interviews wie eine Seifenkiste à la Sidney Hoffmann aussieht

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