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Im Knast ist immer was los

Ina Hautmann ist 32 Jahre alt und zierliche 160 cm groß. Mit 30 hat sie sich für eine Karriere in der Justiz entschieden, auch wenn sie nicht gerade die typische Anwärterin war. Und doch war es die beste Entscheidung, die sie je getroffen hat.

Mit 18 Jahren begann Ina Hautmann eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Nach fünf Jahren in dem Beruf machte sie sich selbstständig und arbeitete sieben Jahre lang in der Kosmetikbranche. Eine Zeit, in die sie nicht gerne zurückblickt.

„Ich habe 16 Stunden am Tag gearbeitet und mir war trotzdem langweilig“, sagt Ina Hautmann. Zusätzlich habe sie keine Freizeit oder Sicherheit in ihrem Job gehabt. „Das ist mit Mitte 20 noch machbar, aber danach?“ Da war der Moment für sie gekommen, ihre berufliche Perspektive zu überdenken. Ihre Wahl fiel auf die Beamtenlaufbahn.

Zum Justizvollzug kam sie durch puren Zufall. Nach einem Eignungstest für die Beamtenlaufbahn wurde ihr in diesem Bereich ein Ausbildungsplatz angeboten. Da habe sie einfach mal ihr Glück versucht, sagt die Beamtin.

Besondere Sportprüfung

Der Landesverband der Bayerischen Justizvollzugsbediensteten (JVB) erklärt: „Voraussetzung für eine Einstellung ist neben der schriftlichen Prüfung das Bestehen einer besonderen Sportprüfung.“

Die Aufgabe eines Beamten im Justizvollzug ist der „Schutz der Allgemeinheit und die Resozialisierung“. So trocken wie das klingt, ist es aber nicht. Die Anwärter werden in waffenloser Selbstverteidigung, Gesprächsführung und dem Umgang mit Schusswaffen geschult. Der wichtigste Aspekt bleibe aber das Beherrschen der Gesetze, sagt Ina Hautmann.

Einen Teil der Ausbildungszeit verbringt man mit Verwaltungstätigkeiten. Mehr Abwechslung verspricht dagegen die Arbeit auf der Station. In den Arbeitsbetrieben der Gefangenen gibt es zum Beispiel eine eigene Küche, Bäckerei und Kfz-Werkstatt, oder man leitet als Sportbeamter Kurse für die Gefangenen. „Das Gefängnis ist wie eine eigene kleine Stadt, in der alles ist, was man braucht“, bemerkt Ina Hautmann und lacht.

18 Monate lang werden die Anwärter in der Anstalt dual ausgebildet. Ein Teil findet in der Akademie in Straubing statt und die restliche Zeit verbringen sie im Gefängnis.

Nach ihrer Zeit in Bayreuth, dem drittgrößten Gefängnis in Bayern, wurde Ina Hautmann nach Aichach, einem überwiegend von Frauen geprägten Gefängnis, versetzt. Unterschiede gebe es herzlich wenig. „Das ist im Großen und Ganzen dasselbe, nur haben die Frauen etwas mehr Redebedarf.“

Praktikum wegen Sicherheitsrisiken nicht möglich

Die Arbeit in einer Anstalt erfolgt im Schichtbetrieb. Auch an Wochenenden und Feiertagen. „Dafür wird man sehr gut entlohnt. Man muss aber flexibel sein“, sagt die gelernte Altenpflegerin. Die Nachwuchsgewinnung gestaltet sich dagegen sehr schwierig. Denn ein Praktikum oder Probearbeiten ist in dem Beruf wegen Sicherheitsrisiken nicht möglich.

Der Landesverband meint dazu: „Nachwuchskräfte zu finden, wird zunehmend schwieriger, bleibt aber gewährleistet. Denn bei der Eignung wird ein strenger Maßstab angelegt, um die am besten geeigneten Bewerber zu finden.“

Der familiäre Umgang in Bayreuth habe sich gezeigt, als sie eines Morgens einen Gefangenen fand, der sich selbst etwas angetan hatte, sagt Ina Hautmann. Schnell kamen Kollegen und Therapeuten zur Unterstützung und haben sich um sie gekümmert.

In der Altenpflege habe sie sich dagegen deutlich mehr alleingelassen gefühlt, weil das Sterben dort zum Alltag gehöre.

Überraschenderweise erfuhr sie nie Drohungen oder Gewalt während ihrer Zeit als Anwärterin. Und das, obwohl es Gefangene gebe, die durch Drogen labil und unberechenbar seien.

Viele sind aber im Gefängnis gelandet, weil sie einfach nur Mitläufer waren oder den falschen Freundeskreis hatten. Hier setzt das Ziel der Anstalten an: Die Resozialisierung und damit das Wiedereingliedern in die Gesellschaft. Genau das fasziniert Ina Hautmann: „Jeder Mensch ist anders. Wie man mit ihnen umgehen muss, ist gerade das Coole an dem Job.“