Tina Hoffmann

Freie Texterin und Journalistin, Berlin

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Teufelsberg Berlin: Berühmter Lost Place der Hauptstadt

Die ehemalige US-Abhörstation auf dem Teufelsberg ist neben dem Spreepark das wohl berühmteste Lost Place Berlins. Doch der einsam gelegene Ort ist auch ein Stück Weltgeschichte und eine gigantische Street-Art-Galerie, an der viele berühmte Künstler mitgewirkt haben. Vom Dach der Anlage habt ihr einen tollen Blick auf etliche Sehenswürdigkeiten im Westteil der Metropole und natürlich auf den Berliner Fernsehturm. Lohnt sich ein Besuch des Teufelbergs in Berlin?

Die größte Erhebung in West-Berlin ist tatsächlich nur ein Schuttberg, der ab 1950 ganze 22 Jahre lang immer weiter anwuchs. So grün wie die Umgebung inzwischen ist, würde man das kaum noch vermuten. Von dem Bauwerk, das die Amerikaner während des Kalten Krieges hier erbauten, ist heute nur eine Ruine übrig - ein Lost Place vom Feinsten, den sich nicht die Natur zurückerobert hat, sondern internationale Street-Art-Künstler. Die intensiven Farben einiger Werke stehen im krassen Kontrast zu den verfallenen Gebäuderesten. Wer sich nicht nur treiben lassen und die Kunst bewundern möchte, der kann an einer Führung teilnehmen und Spannendes über die Geschichte des Ortes erfahren.

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Fototipp: Die komplette Anlage ist mit ihren Graffitis ein echtes Wunderland für Fotografen - es ist kaum möglich, nicht mit einer Fülle an genialen Fotos nach Hause zu gehen.

Anreise zum Teufelsberg

Auch wenn sich der Ort wie im Nirgendwo anfühlt, gibt es eine Adresse: Teufelschaussee 10. Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen möchte, der muss einen Fußmarsch von ca. 30 Minuten pro Weg einplanen. Die nächstgelegene Haltestelle ist der S-Bahnhof „Heerstraße", von wo ihr direkt in die Teufelschaussee einbiegen könnt. Folgt dann einfach deren Verlauf, bis ihr rechts einen Schotterparkplatz seht. Von dort geht es einen Weg den Berg hinauf.

Falls ihr mit dem Auto kommt, dürft ihr dort parken und habt dann nur noch etwa 10 Minuten Fußmarsch vor euch. Wer näher ranfährt, wird abgeschleppt. Natürlich könnt ihr mit dem Rad bis zum Eingang des Geländes oben auf dem Berg fahren, ich würde es nicht empfehlen. Es sind nicht die Alpen, aber auch der Teufelsberg ist, nun ja, eben ein Berg.

Durch den Grunewald zur Abhörstation am Teufelsberg

Die weißen Kuppeln oben auf dem Teufelsberg sind weithin sichtbar, und wer sich im Westteil der Stadt befindet, kann sie von vielen Orten aus sehen. Während ihr durch den Grunewald auf einem sich immer weiter verengenden Weg Richtung Gipfel wandert, seht ihr allerdings nichts als Grün (und erstaunlich wenig Müll).

Umso krasser ist der Moment, wenn man am Eingang steht und einen die großen Augen des ersten Graffitis anstarren. Man ist direkt nach dem Passieren des Kassenhäuschens so fasziniert von den Bildern, den Farben und der Szenerie, die aus einem Endzeitfilm stammen könnte, dass man kaum weiterkommt, weil man ohne Ende Fotos schießt. Dabei ist der Anfang nur ein winziger Vorgeschmack. Um die nächste Kurve geht es erst so richtig los ...!

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Street-Art in gigantischen Ausmaßen

Die Kunstwerke, die hier jedes Stück Mauer, das noch steht, bedecken, sind teilweise einfach nur gigantisch. Ein Konzept scheint es nicht zu geben; die Murals könnten unterschiedlicher nicht sein. Manche sind schon alt und ausgebleicht, einige sehen aus wie neu in knalligen Farben.

Realistisch, Pop-Art, Fantasy oder wie ein Comic - hier findet ihr wirklich alles. Ein Motiv schien mir immer noch besser zum Knipsen als das Vorige. Und da war ich noch nicht mal in der Abhörstation drinnen gewesen. Vor allem in den kleineren Gebäuden findet sich auch viel Gekritzel und auch politische Sprüche.

Geschichte des Teufelsberges

Der Fokus der Sehenswürdigkeit liegt wirklich auf dem Lost-Place-Charakter und der Kunst. Es gibt lediglich in einem kleinen Nebengebäude ein paar wenige Infos zur Geschichte des Ortes. Dabei ist der unglaublich spannend.

Aufgeschüttet wurde der Trümmerberg nämlich auf den Überresten einer von den Nazis erbauten Universität, die nie fertiggestellt wurde. Die US-Amerikaner erkannten in der immer weiter anwachsenden Anhöhe einen strategisch wichtigen Ort und begannen 1957 mit Erlaubnis der Briten, denen dieser Sektor zugeteilt war, erste Antennen aufzustellen.

Als die USA in den 1960er-Jahren feste Bauten errichten wollten, stiegen die Briten in das Geheimprojekt mit ein. Es entstand die sogenannte „Field Station Berlin", die zu dem weltweit operierenden Abhörnetz „Echolon" gehörte. Das Ziel: die Sowjetunion und ihre Verbündeten abzuhören. Und die Lage war perfekt.

Zwischen dem Teufelsberg und Moskau stand kaum ein Hügel im Weg, russische Telefone konnten von hier tatsächlich abgehört werden. Es galt das Motto: „In god we trust, all others we monitor". Der Ort verlor mit dem Ende des Kalten Krieges seine Bedeutung und wurde 1992 an Berlin übertragen.

In der Abhörstation am Teufelsberg

Wer schon von draußen dachte, dass er viele Wandgemälde gesehen hat, den erwartet im Hauptgebäude eine echte Überraschung. Hier verteilen sich auf mehreren Etagen hunderte Murals, die sich auf Gemäuerresten hintereinander aufreihen.

Die Außenwände sind größtenteils nicht erhalten, und es weht euch ordentlich Wind um die Nase. Schon in den unteren Stockwerken könnt ihr die Aussicht auf die Umgebung genießen. Habt ihr das Dach erreicht, wo ihr neben den zwei unteren großen Kuppeln steht, befindet ihr euch auf einem der besten Aussichtspunkte der Stadt.

Beim Blick nach Osten seht ihr ganz in der Nähe das RBB-Gebäude, den Funkturm und die Messe Berlin. Weit dahinter ragen aber auch der Berliner Fernsehturm und andere Wahrzeichen in die Höhe. Wenn ihr den Blick Richtung Süden wendet, dann habt ihr einen tollen Blick auf das Olympiastadion.

Der Wind, der hier durch die Kugeln mit ihrem zerfledderten Äußeren rauscht, klingt, als ob ihr euch mitten in einem Gewitter befindet. Leider ist der oberste Turm mit der intakten Kuppel gesperrt, da er den Anforderungen des Brandschutzes nicht gerecht wird und über keinen Fluchtweg verfügt.

Die Frau an der Kasse erzählte mir aber, dass über Lösungen nachgedacht wird und er hoffentlich irgendwann wieder zugänglich sein wird. Rechnet aber nicht so bald damit.

Die ganzen Street-Art-Werke sind fast zu viel, um sie sich alle genauer anzusehen. Eine Entdeckung habe ich für mich aber gemacht, die ich eine ganze Weile bestaunt habe: das Mural des mexikanischen Künstlers Sr. Papá Chango, der in Berlin lebt und von dem ich schon andere Werke kannte. Seine Monsterchen sind so süß; ich liebe sie.

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Fazit

Der Teufelsberg ist auf jeden Fall ein Highlight in Berlin, abseits der üblichen Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt. Ich konnte bei meinem Besuch gar nicht verstehen, warum ich nicht schon öfter da war - tatsächlich war ich vorher erst einmal dort. Damals hatte ich eine Führung gemacht, die von einem amerikanischen Zeitzeugen geleitet wurde. Ob es das immer noch gibt, weiß ich nicht, aber eine Führung kann ich euch sehr ans Herz legen, da man, wie gesagt, vor Ort wenig Infos zur Geschichte bekommt. Geöffnet ist ansonsten von 11 bis Sonnenuntergang. Wenn ihr unter der Woche früh kommt, dann habt ihr das Areal eventuell, wie ich, fast für euch alleine. Macht doch gleich einen größeren Ausflug daraus, wenn ihr schon mal im Grunewald seid. Ihr könnt dort einfach schön spazieren, im Biergarten des Ökowerks etwas trinken, im Teufelssee baden (auch wenn ihr keine Badesachen dabeihabt, FKK ist hier üblich), auf dem Waldfriedhof das Grab der legendären Sängerin Nico besuchen und vieles mehr.

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