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"Mein Opa sagt, er enterbt mich"

Christian Walter, der Spitzenkandidat der Studentischen Liste (Bild: Robin Rudel)

Christian Walter ist das jüngste Mitglied des Stuttgarter Gemeinderats. Der 24-Jährige schaffte, was selbst alten Hasen in der Politik oftmals nicht gelingt: Als Parteiloser zieht er ins Rathaus ein und versucht sich hier nun für studentische Belange einzusetzen.


"Entstanden ist die Idee im Max-Kade-Wohnhaus. Wir saßen in der WG-Küche und haben über die Kommunalwahl diskutiert, und darüber, was uns in unserem Umkreis so alles stört. Schließlich fiel der Entschluss: Wir packen das selbst an." Christian und seine Listengenossen sind überzeugt davon, dass es viel zu tun gibt in Stuttgart. Zweifel hatte der gebürtige Neckarsulmer eher daran, die notwendigen Zugangsvorraussetzungen für die Wahlaufstellung zu erfüllen, als dass es dann letztlich an den Stimmen hätte scheitern können. Es mussten 250 Unterschriften gesammelt werden, und durch die kurzfristige Aufstellung blieben den Studierenden dafür gerade einmal drei Tage Zeit. Ohne Budget beschränkte sich der Wahlkampf auf selbstgedruckte Flyer und mit Kreide auf den Boden des Campusgeländes gemalte Wahlsprüche.

Nun ist Christian da angekommen, wo er hinwollte, und er hat den Sommer über jede Menge zu tun. Es gilt die Abläufe im Arbeitsprozess des Gemeinderats zu verstehen, eine Fraktion zu bilden und in dieser dann auch durchzusetzen, dass man in die richtigen Ausschüsse kommt. "In diesem Jahr fällt der Sommerurlaub wohl flach", lacht Christian. "Ich werde aber nach Kehl fahren, um an der Verwaltungshochschule einen Vorbereitungskurs für neue Gemeinderatsmitglieder zu besuchen." In den Fraktionssitzungen wird schon fleißig gewerkelt. "Viele Parteien sind auf mich zugegangen, aber ich habe mich letzten Endes entschieden, eine Fraktion mit den Linken, der SÖS und einem Pirat einzugehen. Da bin ich einer von acht und habe auch noch ein gutes Mitspracherecht. Mein Opa hat zwar gesagt, er enterbt mich, als er gehört hat ich kooperiere mit den Linken, aber das wird schon wieder."

Die Wahl der Fraktionspartner fiel auch aufgrund der thematischen Nähe. Einer der Hauptpunkte für den die studentische Liste und Christian sich einsetzen, ist bezahlbaren Wohnraum in Stuttgart zu schaffen. "Die Wohnraumproblematik ist schon krass. Mir graut es schon vor der Wohnungssuche, wenn ich aus dem Wohnheim ausziehen muss. Hier muss noch mehr getan werden. Zum Beispiel mehr städtische Grundstücke an das Studierendenwerk zu vergeben, oder die Quote für günstigen innerstädtischen Wohnraum erhöhen." Im Sportausschuss will sich Christian für bessere öffentliche Sportstätten einsetzen, und auch im Schulbeirat versucht der angehende Lehrer positiv mitzuwirken.

Christian wägt ab: "Als Einzelkämpfer hätte ich keine Chance gehabt, etwas zu bewirken. Ich habe nun eine Fraktion, die mir viel über die Abläufe beibringt und der ich auch vertraue, dass sie meine Positionen in den Ausschüssen vertritt." Denn zum Sitz in einem der wichtigsten Ausschüsse, den für Wirtschaft und Wohnraum, hat es für Christian leider nicht gereicht. Da sitzen nun zwei Fraktionsmitglieder der Linken und einer der SÖS. "Da ich allerdings erster Stellvertreter bin, könnte es sein, dass ich doch mal zum Einsatz komme, wenn einer ausfällt."

Über neue engagierte Studierende freut sich das Team der studentischen Liste immer. "Wir können zwar noch nicht absehen, wie es in fünf Jahren aussieht, da viele von uns nicht mehr studieren werden, aber wir wollen den frischen Wind, den wir versuchen ins Rathaus zu bringen, natürlich auch bei der nächsten Wahl aufrecht erhalten."


Unser Autor:

 Timo Dersch studiert Englisch, Politikwissenschaft und Sport an der Universität Stuttgart. Nebenberuflich ist er als freier Journalist für verschiedene studentische Magazine sowie die Stuttgarter Nachrichten tätig.




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