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Haftanstalten in der Ukraine: Gefangen zwischen Sowjet-Ära und US-Kitsch - DER SPIEGEL

Foto: Misha Friedman

Neun Quadratmeter sind nicht viel. Ungefähr drei große Schritte nach vorn und drei große Schritte zu Seite. Neun Quadratmeter, das ist das Mindestmaß einer Gefängniszelle in Deutschland. Fast alle der rund 62.621 Häftlinge in der Bundesrepublik (Stand Dezember 2019) haben eine Zelle für sich allein. Voll gestellt mit einem Tisch, einem Bett und einem Stuhl. Außerdem einem kleinen Waschbecken, einer Toilette und den persönlichen Gegenständen der Insassen. Oft sind die Räume sehr schlicht gehalten. Hier und da mal ein Poster oder ein Bild der Familie. Ansonsten schauen deutsche Gefängniszellen recht trist und kahl aus.

Anders ist das in der Ukraine: Wandmalereien, Blumen, bunt gestaltete Kinder- und Spielecken und große, helle Schlafräume - oft für mehr als zehn Personen. Über 52.600 Menschen sind aktuell in dem osteuropäischen Land inhaftiert. Die Gefangenen dürfen ihre Räume dekorieren, wie sie möchten. Das zeigen Bilder des Fotojournalisten Misha Friedman.

Bevor Friedman diesen Beruf ergriffen hat, arbeitete er als Entwicklungshelfer für Ärzte ohne Grenzen. Auf einer Reise in die Ukraine im Jahr 2009 besuchte er gemeinsam mit weiteren Helfer der NGO einige Gefängnisse im Osten des Landes. Dabei fielen ihm die dekorierten und eigenwillig gestalteten Zellen einiger Gefängnisse auf. "Ich fand es sehr merkwürdig, dass weder die Gefängnisse noch die Zellen gleich aussahen", sagt er.

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