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Spendenaffäre: Steht überall AfD drauf, wohinter die AfD steckt?

Der Werbekonzern Ströer teilt mit, er wolle keine Werbung von politischen Parteien mehr annehmen. Dann kommt heraus: Die AfD könnte verdeckt in großem Stil bei Ströer gebucht worden sein.


Die Spendenaffäre der Partei Alternative für Deutschland (AfD) könnte einen größerem Umfang haben, als bislang be­kannt. Das legt eine Recherche von ZDF, Spiegel und der Reportergruppe Correctiv nahe, derzufolge die AfD zwischen 2016 und 2018 anonym finanzierte Wahlkampfhilfen von mehr als drei Millionen Euro erhalten habe. Es geht um insgesamt 9400 Großplakate, die vor der letzten Bundestagswahl sowie acht deutschen Landtagswahlen bei dem Werbeflächenvermarkter Ströer in Auftrag ge­geben wurden.

Offiziell ist der Stuttgarter „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten" für die Plakate verantwortlich - die AfD will mit der Kampagne des anonym finanzierten Vereins nichts zu tun haben. Doch in in­ternen Buchungsdokumenten von Ströer, die den Journalisten vorliegen sollen, tauche die AfD bei einem Großteil der Aufträge als „Direktkunde" auf.

Der Werbekonzern verwendete angeblich so­gar dieselbe Buchungsnummer wie für die offiziellen Plakatkampagnen der Partei. Auch die Schweizer Werbeagentur Goal AG, gegen die bereits wegen ille­galer Wahlkampfhilfe der AfD ermittelt wird, tauche in den Dokumenten auf.

„Starke Indizien" für illegale Parteispende

Darüber hinaus lägen dem Recherchekollektiv Hinweise vor, dass AfD-Funktionäre von der koordinierten Kampagne wussten. Interne Unterlagen belegten einen direkten Kontakt und Verabredungen zwischen AfD-Wahlstrategen und Mitarbeitern des Ströer-Konzerns. Ist dies korrekt, hätte die AfD die Plakate als Parteispende angeben und die Spender offenlegen müssen.

Die Rechtswissenschaftlerin Sophie Schönberger fordert, wie das Team von Correctiv mitteilte, Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft und Bundestagsverwaltung: „Wir haben jetzt die Nachweise, dass die Kampagne jedenfalls beim Plakat-Hersteller koordiniert wurde", sagt sie. Schönberger sieht „sehr starke Indizien dafür, dass die AfD da eingebunden war oder jedenfalls sehr viel davon wusste. Wenn das so ist, dann hätten wir eine illegale Parteispende".

Die AfD wies die Verbindungen indes zurück und teilte mit, es habe keine Ab­sprachen zur Koordinierung mit einer Unterstützerkampagne gegeben, und es gebe auch keinen Auftrag von offiziellen Parteigremien an einzelne Mitarbeiter, Absprachen oder Koordinierungen zu vereinbaren.

Ströer bereits für „#GrünerMist" in der Kritik

Der Werbekonzern Ströer indes trat am Mittwoch - kurz vor Bekanntgabe der Recherchen - die Flucht nach vorn an und kündigte an, er werde keine parteipolitischen Werbekampagnen mehr annehmen. Dieser Schritt geschehe als Folge von „Diffamierungen, Boykottaufrufen, Drohungen und Sachbeschä­digungen", erklärte das Unternehmen gestern in einer Pressemitteilung.

Dort war allerdings auch die Rede von „fünfzehn Fragen eines Rechercheverbunds" die den Ströer-Konzern in die „politische Nä­he der AfD" drängten. Damit sei „die Grenze des Hinnehmbaren aus Sicht des Unternehmens endgültig überschritten". Ströer sei ein „politisch neutrales Unternehmen" und lediglich als „Dienstleister" tätig.

Unlängst stand der Konzern, der mit knapp 300 000 Werbeflächen deutscher Marktführer ist, wegen der Kampagne „#GrünerMist" in der Kritik. Die Großplakate, vom Unternehmer und AfD-Sympathisanten David Bendels bei Ströer in Auftrag gegeben, waren als grüne Wahlwerbung getarnt und titelten: „Klimasozialismus", „Ökoterror" oder „Totalitär".

Dort konnte eine di­rekte Verbindung der Kampagne zur AfD bislang nicht nachgewiesen werden - bei den 9400 Großplakaten scheint dies nun belegt zu sein. Die AfD musste bereits in der Vergangenheit 400 000 Euro Strafe wegen illegal anonym finanzierter Wahlplakate zahlen. Nun könnten der Partei erheblich gravierendere finanzielle und rechtliche Fol­gen drohen.

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