Normalerweise kommen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) Inflationswarnungen, Wachstumszahlen oder er greift finanziell strauchelnden Staaten unter die Arme. Doch seit IWF-Chefin Lagarde 2011 das Ruder übernommen hat, klingen auch andere Töne an.
So empfahl die 58-Jährige Französin im April des vergangenen Jahres den IWF-Mitgliedsländern, Subventionen für die Öl-Industrie massiv zu kürzen oder besser gleich ganz einzustellen.
Christine Lagarde fühlt sich, wie es scheint, auch zu anderen Dingen berufen. Das machte sie zuletzt Ende Juli im Center for Global Development in Washington DC, anlässlich der Vorstellung eines IWF-Buches auf bemerkenswerte Weise deutlich: Getting Energy Prices Right: From Principle to Praxis, lautet der Titel (zu deutsch: die richtigen Energiepreise machen).
„Die Botschaft des Buches ist einfach", erläutert Lagarde: „Wenn du es richtig machen willst, dann setz' richtige Preise." Denn die Preise für fossile Energieträger seien in vielen Staaten zu niedrig, sie reflektierten nicht die Folgen für Mensch und Umwelt.
Etwas läuft gehörig falsch, so Lagarde. Sie führt die Weltgesundheitsorganisation an, die berechnet hat, dass drei bis vier Millionen Menschen jährlich an verunreinigter Luft sterben. Eine Million Menschen sterben an Autounfällen - an die Klimaerwärmung und ihre Folgen ist dabei noch gar nicht gedacht.
Ihr Ziel ist so banal wie ambitioniert: „Leben retten - den Planeten retten - das Budget retten ".
Also Steuern rauf - je schädlicher, desto höherDeswegen sollen die Steuern rauf - und zwar auf Kohle, Gas und Öl. Wie viel Steuern die Industrien zahlen sollen, will sie anhand der Folgen berechnen: je schädlicher desto höher. Entsprechend bemessen sich die Energiesteuern anhand ihrer Treibhausgas-Wirkung.
Zusätzlich will Lagarde auf stationäre Anlagen Emissionssteuern und auf Treibstoffe Unfall- und Stauabgeltungen aufschlagen. Eine Menge Holz, das Christine Lagarde da auftürmt. Solche Forderungen könnten auch von einer Umweltaktivistin stammen.
„Richtige Energiepreise müssen nicht bedeuten, dass die Steuerlast insgesamt steigt", erklärt Lagarde weiter. Zwar seien die Preise für fossile Energieträger weltweit viel zu billig, zugleich seien jedoch die Steuern auf Arbeit und Kapitalakkumulation zu hoch. Höhere Energiesteuern sollen also Umweltschäden verringern und die Steuern für Arbeit und Kapital senken.
Lagarde dreht an der Steuerschraube, denn "das ist besser, als sich auf ein Sammelsurium von unkoordinierten Vorschriften zu verlassen - einigen Industriebetrieben vorzuschreiben, bestimmte Kontroll-Technologien zu installieren, von anderen zu verlangen, dass sie bestimmte Energiequellen nutzen und Haushalte für den Kauf bestimmter Fahrzeuge zu belohnen."
IWF-Rechnung: 63 Prozent weniger ToteUm Politikern konkrete Handlungsempfehlungen zu geben, hat der IWF errechnet, wie hoch die Steuern für die einzelnen Mitgliedsländer sein müssten, um die Folgekosten zu mindern. Die Studie dazu gibt es hier.
Über die positiven oder negativen Lenkungseffekte solcher Steuern gibt es leidenschaftliche Diskussionen. Laut IWF-Berechnungen würde das Steuermodell jedoch den Anteil der Menschen, die wegen Luftverschmutzung sterben um 63 Prozent reduzieren und den CO2-Ausstoß um 23 Prozent senken. Lagarde jedenfalls gibt sich kämpferisch und zitiert Nelson Mandela: Die Ziele umzusetzen, „wirkt so lange unmöglich, bis es geschafft ist. Also lassen Sie es uns gemeinsam schaffen!"
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