Bei der Suche nach der Stadt der Zukunft kann es nicht schaden, vor der Haustüre anzufangen. Manchmal beginnen die Dinge nunmal im Kleinen - zum Beispiel auf der unscheinbaren Neusser Straße im Kölner Stadtteil Nippes. Hier reihen sich Schuhgeschäfte an Bäckereien und Restaurants. Ein durchschnittlicher Straßenzug, könnte man meinen, doch hunderte LEDs am Anfang und Ende der Straße sagen etwas anderes. "Klimastraße Nippes" steht da - ein Karnevalsscherz vielleicht?
Nein. Ganz ohne Scherze testen Unternehmer hier seit neun Monaten ein Pilotprojekt für die Stadt der Zukunft. Die Straßenlaternen leuchten mit energiesparenden LED-Lampen und in Haushalten kontrollieren intelligente Chips die Heizung, die so 30 Prozent weniger Energie verbraucht. Sie können per Smartphone angesteuert werden - auf dem Weg nach Hause? Schonmal vorheizen! Heizung nicht ausgeschaltet? Ein Klick genügt! Und im Bezirksrathaus zeigt eine Infosäule die Energieersparnis durch kürzlich installierte Energiesparlampen an.
Hinter den Projekten steht der lokale Energieversorger RheinEnergie. „Auf Dauer können städtische Versorger nicht mehr nur mit Gas, Strom und Wasser Geld verdienen", sagt Holger Kahl, Projektleiter der Klimastraße Nippes von der RheinEnergie. Das Thema Energieeffizienz biete sich hier an.
Gemeinsam mit der Stadt Köln und ortsansässigen Unternehmen sucht Holger Kahl nach Ideen, die gut genug sind, Zukunftsfragen zu lösen. An den U-Bahnstationen Florastraße und Neusser Ring sollen Ladestationen für Elektroautos und Pedelecs entstehen. Der dafür nötige Strom soll durch Photovoltaikmodule erzeugt werden. Sogar die Laternenmasten könnten zu Ladesäulen umgerüstet werden.
„Wenn wir sehen, dass etwas nicht funktioniert, stellen wir es wieder ab. Wir haben hier die Freiheit auszuprobieren, was geht und was nicht", sagt Kahl. Knapp 500.000 Euro stellt ihm RheinEnergie für Investitionen in die Klimastraße zu Verfügung. Das Geld landet in Energieeffizienzmaßnahmen wie neuen Heizungen und LEDs, an denen sich auch lokale Unternehmen beteiligen. Die Firma managE lieferte die nötige Messtechnik zur Erfassung des Stromverbrauchs und übernahm gut die Hälfte der Kosten.
Auch die Fachhochschule Deutz interessiert sich für das Projekt. Im Rahmen einer Masterarbeit entstand so die Idee einer Elterngenossenschaft für eine Solaranlage. Auf dem Dach der Peter-Ustinov-Realschule in Nippes sollen Solarmodule installiert werden, die von Eltern finanziert werden. Die dürfen sich als Teilhaber im Gegenzug an einer Rendite von vier Prozent erfreuen. Und haben die Gewissheit, dass ihr Kind eine Schule mit umweltfreundlicher Energie besucht.
Überall in Köln entstehen energiesparende Projekte mit dem roten RheinEnergie-Logo. Drei Kölner Schulen etwa testen in den Wintermonaten die Nutzung von Abwasserwärme im Projekt Celsius. Und Ship to Grid ist eine Stromtankstelle für ankernde Schiffe.
Die Projekte laufen unter dem Namen "Smart City Cologne" - also intelligente Stadt Köln. Und eines haben sie alle gemeinsam: Sie wollen die Stadt von heute auf die Zukunft von morgen vorbereiten. Und die ist in Köln genauso herausfordernd wie in New York, Shanghai und London.