Tamara Marszalkowski erhält eine Privataufführung im Séparée
In diesem Sommer ist nichts wie gewohnt bei den Theatern. Statt sich schon längst in die Theaterferien verabschiedet zu haben, spielen einige jetzt, weil sie es wieder dürfen, ein alternatives Programm. Das freie Theater "Landungsbrücken" in Frankfurt bietet ein Programm an, dass kurzfristig an die Corona-Auflagen angepasst wurde. Das Programm heißt "Einmaleins" und ist ganz wörtlich gemeint. Tamara Marszalkowski, wofür steht der Titel?Ein Darsteller spielt für einen Zuschauer. Das ist ziemlich ideal für die Corona-Hygieneregeln. Aber darüber hinaus ist es einfach eine sehr interessante Erfahrung. Ich wurde hineingeführt in diese große nackte Halle auf dem Milchsack-Kulturgelände im Gutleutviertel. Da stand dann ein einziger Stuhl; auf den habe ich mich dann hingesetzt. Dort konnte ich dann meine Maske abnehmen und habe auf ein kleines Bühnenbild geblickt, das mitten im Raum stand. Das war sehr reduziert: ein paar kleine Pappmöbel und ein angedeutetes Fenster. Und schon kommt auch eine Frau auf die Bühne und steht mir einfach direkt gegenüber. Sie blickt mich an, und sie erzählt mir von dem Moment, in dem sie auf einmal einen Kinderwunsch hatte und sich daraufhin auf die Suche nach einem potenziellen Vater gemacht hat. Die Szenen wechseln sich ab mit einem männlichen Pendant: Ein Junggeselle, der sich auch auf die Suche nach einer Partnerin macht.
Das heißt, Sie haben das große Los gezogen und haben ein Stück "zwei plus eins" erwischt?Genau. Das war eine sehr luxuriöse Position für mich: gleich zwei Darsteller, die für mich allein gespielt haben. Wo hat man so was? Dafür ist das Stück dann aber auch sehr kurz. Es ging nur eine halbe Stunde, aber die Aufführungen werden am selben Abend dreimal wiederholt. Das ist eine sehr außergewöhnliche Situation. Und die Schauspielerin Barbara Wegener hat mich ja auch direkt angeschaut, und das hat man ja sonst nicht im Theater. Das macht dieses Erlebnis noch mal sehr intensiv. Ein ungewohntes Gefühl, weil man ja sonst auch eher als Zuschauerin in der Masse untergeht. Und so tritt man richtig miteinander in Kontakt. Ich hatte dann auch teilweise das Gefühl, dass die Darstellerin eine Reaktion von mir erwartet. Das hat mich sehr viel aktiver an der Aufführung teilhaben lassen.
So wird man fast selber ein bisschen zum Darsteller, weil man tatsächlich mitspielt im Stück. Aber haben Sie sich wie auf dem Präsentierteller gefühlt?Ja, vor allem, weil dieses Gefühl dadurch verstärkt wird, dass da eine Kamera steht, die auf den Zuschauer oder die Zuschauerin gerichtet ist. Intendant Linus König stellt den Mitschnitt danach ins Netz. Das gehört zum Konzept; dafür musste man am Anfang sein Einverständnis geben. Dahinter steht der Gedanke: Wenn man sonst ins Theater geht, erlebt man ja gemeinsam mit den anderen Menschen im Saal diese Emotionen. Man geht da gemeinsam durch, und dadurch wird das Ganze noch einmal verstärkt. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt am Theater, der momentan wegfällt dadurch, dass die Zuschauerreihen so ausgedünnt sind. Und so versucht König, diese Erfahrung noch mal auf eine andere Art nachzustellen.
Geht das Konzept auf?Ob das für die Online-Zuschauer dann auch funktioniert, kann ich nicht beurteilen. Da war ich ja einfach zu nah dran. Aber für mich war vor Ort zu sein schon eine extrem tolle Erfahrung. Bei dem Programm "Einmaleins" weiß man vorher nämlich nicht, was man geboten bekommt. Das ist ja wie eine Wundertüte. Mein Stück hatte den Titel "Bei mir zuhause um fünf" und war eine sehr kurzweilige und unterhaltsame Komödie. Aber nach meinem Geschmack hätte es auch noch ein bisschen weitergehen können. Es war tatsächlich auch nur ein Ausschnitt aus einer längeren Inszenierung. Aber für dieses Format hat es auch funktioniert.
Man merkte den beiden Darstellern Barbara Wegener und Fabio Sorgini auch die Freude am Spiel an. Viele Schauspieler und Schauspielerinnen konnten ja jetzt wirklich eine sehr lange Zeit nicht auf der Bühne stehen. Vielleicht hat sich da ein bisschen was angestaut. Für mich, ich hätte mir durchaus noch mehr ansehen können. Jeden Abend wird ja auch was anderes gezeigt. Und insgesamt ist dieses Konzept einfach hochinteressant und einfach eine Erfahrung, die ich jedem empfehlen kann.
Ganz neue Theatererfahrungen beim Programm "Einmaleins" beim Theater "Landungsbrücken" in der Frankfurter Gutleutstraße. Zwei unterschiedliche Performances werden noch gespielt am 30. und 31. Juli, bevor das Theater im August in die verdiente Sommerpause geht. Die Performance wird an dem Abend einige Male wiederholt. Details wie Uhrzeiten werden noch bekannt gegeben auf der Homepage des Theaters "Landungsbrücken". Der Eintritt kostet zehn Euro. Tamara Marszalkowski, schönen Dank für die aktuelle Kritik. Sendung: hr2-Kulturfrühstück, 21.07.2020, 07:30 Uhr.