Susanne Greiner

Journalistin, Landsberg am Lech

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Artikel

Klinikum Landsberg im Wettlauf gegen die Reform

Landsberg - Die bundesweite Klinikreform steht an. Und damit auch die Frage nach den Auswirkungen auf das Klinikum Landsberg. Damit das Kommunalunternehmen das ersehnte Level II erreicht, müssten laut bisheriger Planung bestimmte Kriterien erfüllt sein - die aber erst durch den Ausbau möglich werden.


Eigentlich sind die Landkreise für die Sicherstellung der Krankenhausversorgung verantwortlich. „Unabhängig davon soll es nach den derzeitigen Vorschlägen auf Bundesebene Vorgaben geben, welchem Versorgungslevel ein Krankenhaus künftig durch die Krankenhausplanung zugeordnet werden darf", informiert eine Sprecherin des Bayerischen Gesundheitsministeriums. Wie diese „Vorgaben" genau aussehen werden, sei allerdings noch nicht klar: „Ganz wesentliche Parameter für die künftige Zuordnung verschiedener Versorgungslevel und damit auch von Leistungsangeboten an die Krankenhäuser stehen im jetzigen Stadium noch nicht fest."

„In Level II werden nur noch Kliniken eingestuft, die eine relativ große Bandbreite an schon sehr spezialisierten Leistungen anbieten können", ist sich indessen der Vorstand des Klinikums Landsberg, Marco Woedl, sicher. So müsse es für Level II „mindestens jeweils drei internistische, drei chirurgische und drei gynäko­logische Leistungsgruppen vorhalten", dazu MRT, Angiographie, Endoskopie und auch einen Hubschrauberlandeplatz, wenn das nächstgelegene Level-III-Krankenhaus weiter als 30 Kilometer entfernt ist. Die Deutsche und auch die Bayerische Krankenhausgesellschaft gingen davon aus, dass Kliniken mit unter 300 Betten das Etikett Level I erhalten würden und ihre Fachabteilungen schließen müssten. Landsberg hat momentan 218 Betten.

20 Intensivbetten

Woedl nennt zwei konkrete Kriterien, die für Level II erfüllt sein müssten: mindestens 20 Intensivbetten und eine ‚Stroke-Unit', eine Spezialstation für die Behandlung akuter Schlaganfälle. Bisher hat das Klinikum elf Intensivbetten. - und keine Stroke-Unit. „Wir praktizieren in diesem Gebiet bisher erfolgreich die Tele-Medizin mit dem Großklinikum Großhadern", so Woedl bei der Vorstellung der Ausbaupläne im Kreistag vergangene Woche. Sollte das Klinikum als Grundversorger in das Level I rutschen, sieht Woedl schwarz: „Dann wäre das Klinikum am Ende." Mit nur noch 5.000 stationären Patienten jährlich werde man 30 Millionen Euro weniger Umsatz haben - und auch 400 Arbeitsplätze verlieren.

Der bereits in der Planung befindliche Ausbau des Klinikums (der KREISBOTE berichtete) sei also nicht nur generell, sondern auch in Hinblick auf die Klinikreform dringend nötig. Unter anderem werde im Funktionsneubau mit insgesamt 7.400 Quadratmetern samt Aufstockungsmöglichkeit auch Platz für 22 Intensiv­betten sein - und für eine Stroke-Unit. Mit dem Facharztzentrum werde man kooperieren und so weitere Bereiche abdecken können. Und auch die Geburtenstation - die bei Level I ebenfalls wegfallen würde - soll vergrößert werden. Der Bedarf steige immens, betonte Woedl: „Wir haben bis zu zwölf Geburten am Tag." In der Chirurgie wolle man verstärkt „an Augsburg andocken und von dort Spezialisten einbinden", ebenso sei ein „gegenseitiger Austausch" mit einem neuen Projekt im Bereich Kindermedizin geplant.

Problematisch sieht nicht nur Woedl die Reform, die „kleine Krankenhäuser an die Wand" fahre. Auch Landrat Thomas Eichinger (CSU) kritisiert, dass die Entscheidung über die Krankenhausversorgung verstärkt auf Bund- und Länderebene liegen soll. In vielen Kliniken heiße es bereits jetzt „Land unter, die Insolvenzwelle rollt". Er vermute, dass andere Landkreise ihre kommunalen Krankenhäuser mit und ohne Reform nicht halten könnten, was zu einer schlechteren Versorgung und auch zur Überbelastung der ‚großen' Kliniken führen werde. Das Klinikum Landsberg mit seiner „schwarzen Null" stehe da gut da - „dank Vorstand Woedl, der hier professionell gehandelt" habe.

Ob man die Fachkräfte habe, die zur Erweiterung des Klinikums notwendig seien, fragte Grünen-Kreisrätin Gabriele Triebel. Durch die Pflegeschule versuche man, dem Thema gerecht zu werden, so Eichinger: „Personal ist die Schlüsselressource dieses Jahrzehnts." Zudem sei in der jetzigen, mit 96 Ausbildungsplätzen angedachten Planung eine nochmalige Erweiterung um eine Berufsfachschule für Kinderpflege möglich.

Monika Groner (Grüne) hakte nach, ob man denn „rechtzeitig zur Level-Einteilung" mit dem Ausbau fertig werde. Schließlich solle der Funktionsneubau erst 2027 fertig werden. „Und was passiert mit den Ausbauplänen, wenn wir nicht in Level II kommen? Haben wir einen Plan B?" Was Eichinger mit einem schlichten „Nein" beantwortete. „Wir müssen jetzt schnell sein, dann haben wir die besten Karten."

Klinikumsausbau: Planung und Finanzierung

* Baufeld A/Ausbildungscampus: Geplant und genehmigt sind 96 Ausbildungsplätze mit Option auf Erweiterung des Gebäudes für beispiels­weise Kinderpflegeausbildung. Die Finanzierung durch Staat (2,3 Millionen Euro) und Landkreis (3 Millionen) ist soweit gesichert, die Stadt Landsberg passt aktuell den Bebauungsplan an. Baubeginn soll Anfang 2024 sein, Fertigstellung Ende 2025.

* Baufeld B/Funktionsneubau: auf 6.000 Quadratmetern im Neubau sowie 1.400 m2 im Bestandsgebäude sollen die Notaufnahme sowie die Intensiv-, die Geriatrie- oder auch die neue Kinder- und Gynäkologie-Station Platz finden, dazu eine Pallativ-Station mit zehn Betten oder auch Büroräume. Die Finanzierung ist noch in Verhandlung. „Für 7.000 Quadratmeter haben wir halbgrünes Licht", sagt Klinikumsvorstand Marco Woedl. Die Gebäudekosten schätzt er auf 80 Millionen Euro mit einer Förderquote durch den Freistaat von 65 bis 75 Prozent. Baustart ist 2024, Fertigstellung 2027.

* Baufeld C/Facharztzentrum: Geplant sind Apotheke, Sanitätshaus, Praxen und Gesundheitsamt auf rund 7.000 m2 plus Tiefgarage, mit dem Klinikum durch einen ‚Tunnel' verbunden. Die Kosten schätzt Woedl auf 30 Millionen Euro. Er hoffe auf eine hälftige Finanzierung durch Fremdkapital und Mit-Eigentümer, „eine Art Privatfinanzierung", zudem eine Refinanzierung durch Mieteinnahmen. Baubeginn soll 2025 sein, eine Fertigstellung bis 2027.

* Baufeld D/Pflegeheim: Geplant sind 100 Betten mit Möglichkeit zur Kurzzeitpflege. Geplant sei ein externer Betreiber, der das Gebäude auch baue. Die Konzeptentwicklung soll dieses Jahr starten, anschließend die Detailplanung. Baubeginn soll 2025 sein, Fertigstellung 2027.

* Baufeld E/Mitarbeiterwohnungen: Geplant sind 60 bis 120 Wohnungen. Mieter dürfen eine bestimmte Gehaltsgrenze nicht überschreiten dürfen. Die Detailplanung soll Ende dieses Jahres starten. Die Finanzierung soll über das Kommunale Wohnungsbauprogramm des Freistaats gesichert werden. Woedl geht von einem Eigenanteil von zehn Prozent aus. Baubeginn soll 2025 sein, Fertigstellung 2027.

* Baufeld F/Parkhaus: Das geplante Parkhaus soll 500 bis 800 Parkplätze bieten, da durch den gesamten Ausbau auch der bisherige Parkplatz wegfallen wird. Die Detailplanung starte nächstes Jahr, fertig werden soll das Parkhaus 2027. Eventuell sei hier auch ein Fremdbetrieb statt des Eigenbetriebs möglich.

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