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Das Sonnenscheinpräparat im Schatten des Geldes

Zur Wirkung von Vitamin D kursieren im Internet eine Menge Gerüchte und Empfehlungen für Pillen und Pulver. In der Diskussion um den Nutzen und die Wirkung gehen die Argumente oft durcheinander. Das könnte auch an den finanziellen Interessen einiger Beteiligten liegen. MedWatch hat sich die Vitamin-D-Szene einmal genauer angesehen.

Vitamin D soll gegen Krebs und Depressionen helfen, die Stimmung aufhellen, Alzheimer mildern - zu guter Letzt sogar vor einer COVID19-Infektion schützen. In den meisten Fällen treffen diese Aussagen jedoch nicht oder nur teilweise zu. Oft werden wichtige Einschränkungen unterschlagen. Um so schöner, wenn Webseiten es sich zur Aufgabe machen, solche Versprechungen gezielt zu hinterfragen. Aber tuen sie das wirklich?

„Wissenschaftliche Fakten - klar und übersichtlich zusammengefasst. Hier werden Behauptungen hinterfragt und Tatsachen auf Grundlage aktueller, wissenschaftlicher Erkenntnisse erklärt", verspricht etwa die Webseite SonnenAllianz. Die Website wird unter anderem durch Spenden auf betterplace.org finanziert. Die Qualitätssicherung erfolgt durch ein „internationale(s) Expertenteam aus dem Umfeld von Medizin und Therapie" wie es auf der Homepage heißt. Hinter der Seite steckt der Nuklearmediziner, Buchautor und selbsternannte Präventionsexperte Jörg Spitz. Und: Vitamin D scheint eines seiner Lieblingsthemen zu sein. Er hat er bereits fünf Ratgeber zu dem Vitamin veröffentlicht. Zudem betreibt er ein ganzes Netzwerk aus verschiedenen Internetseiten, die sich allesamt um Vitamin D und weitere Nahrungsergänzungsmittel drehen, etwa die Akademie für menschlichen Medizin (AMM). Die GmbH machte in 2019 einen Umsatz von 225.000 Euro - Spitz ist ihr alleiniger Mitarbeiter. Doch dazu später mehr.

Vitamin D: Das Super-Molekül

Zunächst zur Einordnung: Vitamin D ist ein Oberbegriff für sogenannte Calciferole, eine Gruppe fettlöslicher Vitamine wie Vitamin D2 und Vitamin D3. Im Körper sind sie an einer Reihe von Stoffwechselvorgängen beteiligt, wirken auf das Immunsystem und fördern die Kalziumaufnahme im Knochen. Das Gros der D-Vitamine stellt unser Körper durch die UV-B-Strahlung der Sonne im Freien selbst her. Einen geringeren Teil nehmen wir über die Ernährung mit beispielsweise fettem Fisch, Milchprodukten, Eiern und einigen Pilzen auf. Unser Vitamin-D-Haushalt unterliegt deshalb saisonalen Schwankungen. Im Winter muss der Körper mit den Reserven auskommen, die er im Sommer aufbaut. Aus Angst vor einem Mangel schlucken viele Menschen daher Vitamin-D-Tabletten.

„Bei pakistanischen Frauen, bei denen Vitamin-D-Mangel häufig vorkommt, ist die Erhöhung und Aufrechterhaltung von Vitamin D im Serum auf Bevölkerungsebene eine sichere und erschwingliche Strategie", schlussfolgern die Autoren und Autorinnen der SonnenAllianz.

In den Quellenangaben befindet sich auch ein Link zu der vielversprechenden Studie. Einmal darauf geklickt, gelangt man jedoch nicht zu der Untersuchung aus Pakistan, sondern zu einer aus Deutschland - untersucht wird hier nicht der Zusammenhang von Vitamin D und Brustkrebs, sondern der zwischen Vitamin D und dem Hodgkin-Lymphom, einer bösartigen Erkrankung des lymphatischen Systems. (...)


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