Stefanie Sommer

Journalismus-Studentin | FAZ, Mainz

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Was Sie gegen Einsamkeit an Weihnachten tun können

Stille Nacht, einsame Nacht?

Weihnachten allein zu Haus: Die Festtage verbringen viele im Kreis ihrer Liebsten – doch wer niemanden zum Feiern hat, für den kann diese Zeit einsam werden. Dagegen gibt es zahlreiche Angebote, die Betroffene zusammenbringen.


Weihnachten ist nicht für jeden fröhlich - doch schon kleine Gesten können helfen. Im Video eines nordirischen Pubs ist es ein kleiner, löckchenbefellter Hund, der einem älteren Herrn seine Einsamkeit nimmt. Einem jungen Paar an der Bar des Pubs entwischt, kuschelt er sich neben ihn auf die Bank. Und bringt seine Besitzer so auf die Idee, diesem Mann allein vor seinem Guinness doch Gesellschaft zu leisten.

„Es gibt keine Fremden, nur Freunde, die du noch nicht kennengelernt hast" („There are no strangers here, just friends you haven't met" im Original, ein Zitat des irischen Dichters William Butler Yeats) erscheint am Schluss des Videos von „Charlie's Bar". Die sei auch an Weihnachten geöffnet, und jeder herzlich willkommen.

Eine Weihnachtswerbung der anderen Art - und in ihrem Inhalt viel wichtiger als die Ankündigung, dass die Feiertagsgans im Supermarkt um siebzig Cent reduziert ist.

Einsamkeit in Deutschland weit verbreitet

Die in dem Video thematisierte Einsamkeit ist ein stetig wachsendes Problem unserer Gesellschaft. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leben in etwa 40 Prozent der deutschen Haushalte Singles. Nicht alle von ihnen verbringen auch das Weihnachtsfest allein - aber einige.

Dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend zufolge sind zehn Prozent der Deutschen besorgt, an den bevorstehenden Feiertagen einsam zu sein. Besonders verbreitet ist diese Angst demnach bei den 18- bis 34-Jährigen (17 Prozent) und älteren Menschen über 65 Jahren (zehn Prozent).

Insgesamt fühlen sich laut einer Studie des vom Bundesfamilienministerium geförderten Kompetenznetzwerkes Einsamkeit acht Millionen Deutsche oft oder immer einsam. Zumindest manchmal empfinden 30 Millionen Einsamkeit.

An Weihnachten wird dieses Gefühl oft noch potenziert. Wer Angehörige verloren hat, weit weg von Familie und Freunden wohnt, wer andere nicht mit Corona anstecken will, wo die Kinder ausgezogen sind oder wer aus anderen Gründen niemanden zum Feiern hat oder sozial isoliert ist, empfindet diese Zeit oft als sehr belastend. Zu allgegenwärtig ist das Bild der gemeinsamen Glückseligkeit mit Geschenken, Weihnachtsliedern und Braten unterm festlich geschmückten Baum. Nicht jeder will das. Aber viele eben schon.

„Vermutlich ist man sonst einfach mehr arrangiert mit der Einsamkeit"

„Das Problem Einsamkeit fühlt sich an Weihnachten anders an", sagt Beate Seibert. Sie engagiert sich ehrenamtlich bei der Magdeburger Telefonseelsorge und leiht den Sorgen und Ängsten anderer Menschen an den Feiertagen ein offenes Ohr. Ihrer Meinung nach suchen einsame Menschen häufig die Schuld bei anderen oder der Gesellschaft. An Weihnachten fingen viele an, anders darüber nachzudenken, meint Seibert. Hinzu komme, dass seit den Lockdowns während der Pandemie die Vereinsamung deutlich zugenommen habe. „Früher war das nicht so, dass ich so viele Anrufer hatte, die sich nur auf das Thema Einsamkeit beziehen."

Auch ihre Kollegin Anette Carstens bestätigt diese Beobachtungen gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Carstens leitet seit über sieben Jahren die Magdeburger Telefonseelsorge. Rund um die Feiertage kämen viele Dinge zusammen, sagt die evangelische Pfarrerin. Da seien die Kälte draußen, die dunkle Jahreszeit, die heimelig-gemütliche Stimmung drinnen, die veränderte Musik im Radio, die vielen Weihnachtsmärkte oder schlicht der Blick auf den Kalender, der zeigt, dass die Feiertage näher rücken. „Vermutlich ist man sonst einfach ein wenig arrangierter mit der Einsamkeit", meint Carstens. Doch in diesen Tagen würden bei vielen Menschen Sehnsüchte und Erinnerungen wach.


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