Zwei Tage hat die Polarstern in Tromsö verbracht. Zuvor war sie am 10. Juli in Bremerhaven für die erste Expedition in diesem Sommer ausgelaufen. Für die Fahrt PS115/1 sind viele der 48 Wissenschaftler extra bis nach Norwegen angreist, um in Tromsö auf die Polarstern zuzusteigen. Am gestrigen Tag war auch die wissenschaftliche Crew bereits mit an Bord um auszupacken. Im Gegensatz zu einigen Koffern, die auf dem Flug nach Norwegen verloren gegangen waren, konnten die Container mit den Gerätschaften und Laboreinrichtungen bereits ausgeladen werden. Der Heliservice Mechatroniker Victor stand bei rund 13 Grad in kurzen Hosen auf dem Helideck des Schiffes. Bei 35 Grad war er in den Flieger in Deutschland gestiegen und ohne seinen Koffer im kühlen Norden Norwegens angekommen. Die vierwöchige Expedition ohne Wechselklamotten? Zunächst sah es für Victor nicht besonders gut aus. Kurz vor dem Auslaufen der Polarstern kam jedoch der Anruf vom Flughafen und Victor konnte seinen Koffer doch noch abholen.
Mit Victor und seinem Koffer an Bord schippert die Polarstern nun Richtung Grönlandsee. Unser Ziel: Vom Westteil des nördlichen Nordatlantik bis in die Wandelsee und dann nach Longyearbyen. Dort wird die Expedition am 3. September enden. Mit einer Geschwindigkeit von 10 Knoten bewegt sich die Polarstern derzeit fort. In vier Tagen sollen wir im Arbeitsgebiet sein. Auf dem Weg dahin gibt es allerdings auch schon erste Stationen.
„GREENMATE" heißt das Hauptprojekt der Expedition, welches die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in diesem Sommer an Bord der Polarstern unter der Leitung von Dr. Volkmar Damm durchführt. Damit wird die letzte einer Reihe von Expeditionen im Rahmen eines 8-Jahres-Programms der BGR unternommen. Der Name der Expedition ist lediglich eine Abkürzung für „Greenland Margin Tectonic Evolution Project". Hinter dem Begriff versteckt sich eine multidisziplinäre geowissenschaftliche Untersuchung. Die Wissenschaftler an Bord tragen zur Klärung des strukturellen Aufbaus und der tektonischen Entwicklung der Kontinentränder vor Nordost- Grönland bei. Dazu gibt es noch die Projekte ECHONEG, Mammals & Birds, YOPP, Hydroacoustics und Professional Mammal Observing Service. Die verschiedenen Arbeitsgruppen haben sich für die 30 Tage auf dem Schiff viel vorgenommen.
Da die Lotzentrale bereits eingerichtet ist, kann die Bathymetrie-Arbeitsgruppe gleich am ersten Tag loslegen. Gleich nachdem die Polarstern aus der 12-Meilen-Zone heraus ist, bekommt Anna mit ihrem Team mithilfe des Fächerecholotes in Echtzeit den Meeresboden angezeigt, der unter der Polarstern liegt. Zunächst zeigt das Fächerecholot rot und orange an. Die Meerestiefe beträgt also 1500 Meter, erklärt mir Anna. Ein paar Stunden später zeigt der breite Streifen uns hauptsächlich blau an, was bedeutet, dass die Meerestiefe nun um die 1700 Meter beträgt. Das Meer unter uns scheint tiefer und tiefer zu werden. In ein paar Tagen soll es um die 3 Kilometer tief sein. Besonders würde sich das Bathymetrie-Team freuen, wenn sie „Seemounts", also Berge unter Wasser detektieren würden.
Ein erstes Highlight war bisher eine Hangrutschung, die mit dem Sedimentecholot festgestellt werden konnte. Fächer- und Sedimentecholot sind fest auf der Polarstern installiert. Anders sieht es mit den Gerätschaften aus, die die Mitarbeiter der BGR aus Hannover mitgebracht haben. Während die Arbeitsgruppe der Bathymetrie also schon voll im Einsatz ist, packt der Großteil der Wissenschaftler erst einmal ihre Zarges-Boxen aus und richtet die Labore und Geräte ein. Hans-Otto und Ingo sind auf dem Arbeitsdeck und kümmern sich gemeinsam mit einigen Crew-Mitgliedern um den Aufbau der Wärmestromsonde. Diese liegt zunächst noch waagerecht an Bord. Mit einem Kran wird sie aufgerichtet und einsatzbereit gemacht.