Was darf man als Frau in der heutigen Zeit eigentlich noch anziehen? Alice Schwarzer erklärt es Ihnen. Die Kolumne „Was soll das?".
Es mag überraschen, aber im Leben einer Frau spielt die Frage, was man denn bloß anziehen soll, nicht wirklich eine Rolle. Auch wenn dieses angebliche Problem seit vierzig Jahren in jeder schlechten Komödie vorkommt. Wir ziehen das an, was uns entweder ganz praktisch morgens vom ersten Kleiderbügel entgegenfällt, was vom Vortag nicht müffelt und einfach was uns gefällt, worin wir uns wohlfühlen, was uns Spaß macht zu tragen.
Aber wie bei so vielen Dingen in der patriarchalischen Gesellschaft kann man auch beim Anziehen als Frau ja nicht einfach so entscheiden, was man will.
Denn es spielt ja schon eine Rolle, welche „Signale ich mit meiner Kleidung gebe", so Alice Schwarzer. Es geht der bekanntesten Vertreterin der deutschen Frauenbewegung darum, dass man als Frau schon wissen müsse, wie man in „Nuttenmode" wirkt. „Und wenn man manchmal nicht weiß, ob die junge Frau an der Straßenecke auf ihren Freund wartet oder auf einen Freier - dann kann das auch für die Frau problematisch werden", sagte Schwarzer gegenüber der österreichischen Wochenzeitung „Falter".
Ich darf mich also nicht wundern, wenn ich sexuell belästigt werde, schließlich hab ich mit meinem Minirock die falschen Signale gesendet. Der Mann dachte einfach, ich wäre eine Prostituierte, und bei denen darf man das ja wohl. Oder sind das etwa auch Frauen, die Rechte haben, die man respektvoll behandeln muss? Schwarzer sieht das wohl nicht so.
Zu „Nuttenmode" zählt für Alice Schwarzer auch sexy Unterwäsche, wie sie bereits vor Jahren erklärte. Die Idee, dass Frauen sich gerne solche Dessous anziehen, weil sie sie schön finden, kommt ihr nicht. Dass es zu weiblichem Empowerment und selbstbestimmter Sexualität gehört. Nein, Schwarzer spricht von „Fetischisierung von Unterwäsche".
Diese frauenverachtende Ansicht zu „Nuttenmode" hat Schwarzer nicht exklusiv. Sie ist eine verbreitete These zur „Vermeidung" von sexueller Gewalt: einfach anders anziehen, dann fühlt sich kein Mann zu einem Sexualverbrechen „provoziert".
Aber folgen wir doch mal Schwarzers Logik und denken das zu Ende. Wir sollen uns nicht zu nackig anziehen, also vielleicht etwas mehr verhüllen? Da bietet sich doch zum Beispiel ein Hijab an. Die Richtung wäre wohl am sichersten, da denkt kein Mann, dass man eine „Nutte" ist.
Aber da will jetzt Alice Schwarzers Haltung zur Verschleierung auch nicht so richtig passen. Legendär ihr bizarrer Auftritt in Frankfurt beim Anblick einer Muslima (die Frau trug ein Kopftuch, ein Kleidungsstück, das man wohlgemerkt trägt, um weibliche Attribute zu verhüllen). Schwarzer betatschte sie und rief: „Ich dachte, nur ein Mann darf sie nicht anfassen!" Anschließend erklärte sie der freiwillig kopftuchtragenden Frau, sie sei unterdrückt.
Mich beschleicht das Gefühl, es ist ziemlich egal, was wir Frauen tragen, es ist sowieso falsch. Nach Schwarzers Thesen wäre wohl Folgendes am besten: Wir verbannen Frauen einfach völlig aus dem öffentlichen Raum, nur um ganz sicher zu gehen.
Oder mal ein ganz radikaler Vorschlag: Wie wäre es denn, den Tätern einfach die volle Verantwortung für sexualisierte Verbrechen zu geben, anstatt Frauen zu erklären, sie hätten mit ihrem Outfit Signale gesendet.
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