1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Jeden Sonntag 25 Kilometer

Jeden Sonntag 25 Kilometer

Während die meisten Menschen in Minden-Lübbecke am Sonntagmorgen gegen 7.30 Uhr ihr Frühstück genießen oder die Bettdecke noch einmal ein Stück höher ziehen, sind die Rahdener Torge Sprado und Jürgen Kolkhorst schon unterwegs. Egal, ob die Sonne scheint, es regnet oder schneit, ein Fußmarsch von etwa 25 Kilometern liegt vor ihnen – und zwar jeden Sonntag seit Anfang des Jahres.

„Corona lässt ja nicht viel zu. Reisen geht nicht“, erinnern Torge Sprado und Jürgen Kolkhorst. Die sportbegeisterten Freunde sind schon in der Welt herumgekommen, haben dabei zu Fuß so manchen Höhenmeter überwunden. „Wandern muss man nicht nur in den Bergen verorten“, finden die beiden Endvierziger. „Wir machen hier keine Höhenmeter, wir machen Kilometer“, sagt Jürgen Kolkhorst.

„Es gibt kein schlechtes Wetter“, betonen die Rahdener. „Wir haben unser Regenzeug dabei“, erläutert Torge Sprado. Jürgen Kolkhorst ergänzt: „Natürlich ist es nicht unser Wunsch, dass es regnet. Das zählt aber nicht als Ausrede.“ Selbst der Schneefall mit bissigem Ostwind und die minus 16 Grad im Februar haben sie nicht abgeschreckt. „Das war schon extrem“, geben sie allerdings zu. „Das Wandern im Pulverschnee war richtig Wadentraining“, verdeutlicht Jürgen Kolkhorst. Kneifen gilt aber nicht. Grenzen reizen die beiden eher, egal ob es die eigenen sind oder Kreisgrenzen zu Nienburg und Diepholz.

„Ich bin gern draußen“, erklärt Jürgen Kolkhorst. Der Vermessungstechniker verbringt auch berufsbedingt viel Zeit an der frischen Luft. Torge Sprado hat ebenfalls einen engen Bezug zur Natur. Deshalb habe er unter anderem Geografie studiert, erzählt der Schulleiter einer Oberschule in Niedersachsen.

Schon 2020 haben die beiden die eine oder andere längere Tour gemacht. „Im vergangenen Jahr sind wir den Wittekindsweg vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Porta bis nach Osnabrück in vier Etappen gewandert“, berichtet Torge Sprado. Seit Anfang des Jahres steht der regelmäßige Termin am Sonntag. Durchschnittlich fünf Stunden brauchen sie für ihren Weg.

Feste Regeln und Rituale haben die beiden inzwischen entwickelt. „Wir laufen nicht über Felder und private Äcker“, bekräftigen die Rahdener. „Und ich gehe immer links“, erklärt Torge Sprado. Pünktlich um zehn Uhr gibt es Würstchen mit Senf. Proviant und Getränke haben sie im Rucksack dabei. Unterbrechungen erlauben sie sich auf ihrem Weg nicht. „Pause können wir zu Hause machen. Wir machen Tempo“, vertreten die zwei. Dabei bleibe jedoch genügend Zeit, nach links und rechts zu schauen.

„Es ist erstaunlich, welche neuen Dinge wir unterwegs entdecken“, stellen die beiden Ur-Rahdener fest. Sie sähen Sachen, die ihnen vom Auto und selbst vom Fahrrad nicht auffallen würden. Das Wandern habe ihnen die Heimat noch einmal ein Stück näher gebracht, freuen sie sich. „Es ist interessant, was es abseits des Rahdener Stadtkerns alles zu entdecken gibt.“

Zwar unterhalten sie sich auf ihrer Wanderung, aber gequatscht wird nicht die ganze Zeit. „Es kann sein, dass über eine halbe Stunde niemand etwas sagt“, merkt Jürgen Kolkhorst an. Die Stille sei aber nicht unangenehm. „Wir kennen uns ja schon ein paar Tage länger“, erläutern die beiden Rahdener.

Das regelmäßige Wandern in der Region sehen die beiden als ein Stück Lebensqualität an. „Es ist wichtig, die Komfortzone zu verlassen. Corona kann nicht die Ausrede sein, um nur auf dem Sofa zu hocken“, unterstreichen Torge Sprado und Jürgen Kolkhorst. Darum geht es am nächsten Sonntag auch garantiert wieder auf Tour.