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Muslimische Vagina-Monologe

Wien. Ein blanker Hintern kann schon lustig sein. Wenn er hilflos in aller Öffentlichkeit vor sich hin wabbelt. Ein harmloses Stück Fleisch. Wenn besagter Hintern hingegen einem Muslim gehört, ist er nicht mehr so lustig. Und wenn er einer muslimischen Frau gehört, hört sich der Spaß ganz auf. Dann ist er ein Affront. Gar bedrohlich. Das weiß Shabana Rehman. 2005 entblößte die Kabarettistin ihr Gesäß bei der Eröffnung des Filmfestivals im norwegischen Holsgund. Es sollte ein politisches Statement sein. Worüber erregen sich fanatische Gemüter? Die Zwangsehe? Die Diskriminierung der Frau? Nein. Es ist jenes Stück Fleisch, befand Rehman. Die pakistanischstämmige Norwegerin sollte recht behalten. Wenige Tage nach ihrem Auftritt kam es zu einem Anschlag auf das Restaurant ihrer Schwester in Oslo. Die Botschaft war klar: Wir bestimmen, was lustig ist und was nicht. Und ein in die Höhe gereckter Hintern einer muslimischen Künstlerin ist es definitiv nicht.

Muslime und Humor. Eine unvereinbare Sache soll es sein. Seit dem Anschlag auf die französische Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" steht diese These immer wieder im Raum: Muslime kennen keine Ironie, wenn es um ihre Religion, ihre Werte, ihren Propheten geht. Über den Islam macht man keine Witze. Das kann böse enden. Wenn nicht sogar tödlich. Dabei beweisen muslimische Comedians seit Jahren das Gegenteil. Sie hauen dorthin, wo es richtig wehtut - mal platt, mal schlüpfrig, mal derb, weil Satire alles darf. Es dürfen muss. So erzählen sie in schwarzen Kopftüchern von ihren Geschlechtsteilen, in denen sich Horden von Taliban verstecken, von ihren Ehemännern, denen es nicht gefällt, dass sie sprechen, und von ihren Vätern, die ihre Mütter nur von hinten kennen, weil sie immer fünf Schritte hinter ihnen her trotten - da den Frauen dieser Ausblick besser gefällt.

Mullah hop Shabana Rehman steht seit 15 Jahren auf der Bühne. Anfangs absolvierte die heute 38-Jährige ihre Auftritte im Tschador. Verschleiert im schwarzen Stoff gab sie ihre Gags zum Besten. Nach und nach entblößte sie ihren Körper, bis sie im roten hautengen Abendkleid und High Heels vor ihrem Publikum stand und Heuchler jeder Couleur, jeden Glaubens und Geschlechts ins Visier nahm.

2004 sorgte sie das erste Mal international für Schlagzeilen. Damals trat sie in einem Nachtklub in Oslo auf. Mit auf dem Podium Mullah Krekar, ein Prediger, der in seiner irakischen Heimat, eine islamistische Gruppierung anführte. In den 90er Jahren fand er in Norwegen Asyl. In der Öffentlichkeit galt er als besonnener Mann, ein gläubiger Muslim, der von der Scharia schwärmt. Rehman kannte hingegen auch die anderen Geschichten, jene vom Führer einer Terroreinheit im Irak, in dessen Auftrag Menschen getötet und gefoltert wurden und vor dem man sich fürchtete. Bis heute. So beschloss Rehman, den Leuten die Angst zu nehmen, wie sie oft in Interview erklärte. Sie schlang ihre Arme um den Mann und hob ihn in die Höhe. Das Video ging um die Welt. Mullah Krekar zeigte Rehman wegen sexueller Belästigung an.

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