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Stellenmarkt: Welche Nischen-Fintechs könnten 2023 wichtig werden?

Das Jahr 2022 hat in der deutschen Fintech-Landschaft Spuren hinterlassen: Makroökonomische Entwicklungen wie Ukrainekrieg, Zinswende und Inflation sorgten für einen spürbaren Funding-Crunch. Die Folge: Entlassungen, Sparrunden, ein Ende des „Hyper-Growth“. Und dennoch geht die Branche optimistisch ins neue Jahr – und hat nach wie vor einen attraktiven Stellenmarkt. „Unternehmen passen jetzt mehr auf, welche Stellen sie besetzen“, sagt Jacqueline Mühlhausen, Recruitment Consultant beim Headhunter PCN, der spezialisiert ist auf Fintech, eCommerce und SaaS (Software-as-a-Service). Mühlhausen und ihr Team besetzen Stellen ab drei Jahren Berufserfahrung bis zum C-Level. Und sie haben im vergangenen Jahr erlebt, dass Fintechs in Deutschland vor allem bei den Support-Funktionen Stellen gestrichen haben – „da ging es um ganze Teams oder auch darum, die gesamte HR auszulagern“, so Mühlhausen. Gleichzeitig betont sie, dass Fachkräfte nach wie vor gesucht sind, vor allem in den Bereichen Tech, Engineering und Data Analytics.


Die Crunch-Time bei den Großen könnte dazu führen, dass jetzt die Stunde für aufstrebende Nischen-Fintechs schlägt. Denn in der deutschen Fintech-Szene zeichnet sich ein neuer Entwicklungsschritt ab: „Nachdem es in den vergangenen Jahren vor allem um Produkte für Innovations-Affine ging, gibt jetzt nehmend Angebote, die sich an neue Zielgruppen richten“, beobachtet Susanne Krehl, Gründerin des Berliner Fintech-Stammtischs. Die Branchenkennerin sagt, dass die aktuell wieder Aufbruchstimmung wahrnimmt. „Die Fintech-Landschaft wird vielfältiger und nimmt jetzt stärker neue Kundengruppen in den Blick, etwa Jugendliche, Ältere oder Menschen, die bislang wenig Ahnung vom Thema Finanzen haben und sich hier besser aufstellen wollen“, so Krehl.


Ein Beispiel: Die Berliner Financial-Literacy-App Fabit. Fabit hilft dabei, bewusster mit Geld umzugehen, Gewohnheiten nachhaltig zu ändern und Schulden abzubauen – mithilfe von verhaltenspsychologischem Know-how, das etwa auch bei Nichtraucher-Apps eingesetzt wird. 


Ebenfalls im Bereich Financial Literacy aktiv ist die Berliner Taschengeld-App Bling: Das Unternehmen hat im Dezember 2022 3,5 Millionen Euro Seed-Finanzierung bekommen, die Bewertung des StartUps ist damit nach eigenen Angaben auf einen „achtstelligen Betrag“ gestiegen – in der Branche ein Signal dafür, dass Financial Literacy ein Zukunftsthema ist.

Dass finanzielle Bildung alle Generationen betrifft, zeigt das Fintech Brygge, das 2021 in Hamburg gegründet wurde. Das Angebot richtet sich gezielt an Ältere und schlägt die „Brücke“ zur Hausbank der Nutzenden oder deren Angehörigen. Brygge holt die Zielgruppe auf Augenhöhe ab – und das beginnt bereits bei der Gestaltung der Website


Neben Nischen rund um Financial Literacy sieht Headhunterin Jacqueline MühlhausenWachstumspotenziale bei Commercial Roles und auch im Bereich Open Banking und rät Jobinteressierten bzw. Wechselwilligen, sich dort umzusehen. Generell empfiehlt sie Kandidat:innen, am Ball zu bleiben: „Auch wenn es mit einer Bewerbung nicht auf Anhieb klappt, sollte man am Ball bleiben und es wieder und wieder versuchen.“ Und sie rät auch zu Initiativbewerbungen: „Gerade bei Fintechs wird nicht immer jede Stelle ausgeschrieben. Wenn das Profil in den Growth Plan der Firma passt, kommt es aber oft auch auf diesem Weg zu einem Arbeitsvertrag.“


Simone Dyllick-Brenzinger

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