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Karrierechancen bei den Big Four: Home Office statt Hotel

Wie viele Stellen wollen die Big Four in Deutschland 2022 neu besetzen – und welche Profile sind gefragt?

200 Meter hoch schießt der Tower 185 in Frankfurt in die Höhe. Der Wolkenkratzer ist unter anderem Sitz des Big-Four-Unternehmens PWC. Wo es früher wie im Taubenschlag zuging, hat sich seit Beginn der Pandemie viel verändert. „Der Tower 185 ist so gut wie leer“, sagt Marcus Michel von contagi PERSONAL, der als Headhunter seit vielen Jahren Führungskräfte im Bereich Financial Services und Real Estate platziert. „Wie in der Wirtschaftsprüfung gearbeitet wird, hat sich in den letzten zwei Jahren radikal verändert“, so Michel. „Früher war man an vier von fünf Tagen beim Kunden, jetzt läuft alles remote.“ Wenn Michel die Big Four mit seinen Unternehmenskunden vergleicht, stellt er fest: „Die Big Four sind in Sachen Digitalisierung und New Work besser aufgestellt als die meisten Unternehmen.“


Das Geschäft der Big Four reicht von der klassischen Wirtschaftsprüfung über Steuer- und Unternehmensberatung bis hin zur Transaction Advisory (M&A). Jahrzehntelang war es üblich, beim Kunden vor Ort zu arbeiten – im März 2020 wurde plötzlich alles anders, das Beratergeschäft wurde binnen kürzester Zeit in den virtuellen Raum verlagert und ist dort seither geblieben. Ob das langfristig so bleibt? Branchenkenner Marcus Michel ist sich sicher: „Auf jeden Fall. Das Rad können sie nicht mehr zurückdrehen.“

Trotz – oder vielleicht gerade wegen dieser Entwicklungen – sind die Big Four große und gefragte Arbeitgeber. Wir haben ausgelotet, wie es 2022 um die Einstiegschancen steht. Wie viele Stellen sind zu besetzen? Und welche Profile werden gesucht?


PWC

„Wir planen für 2022 über 2.300 Neueinstellungen, die sich etwa zu zwei Dritteln auf Absolvent:innen und zu einem Drittel auf Berufserfahrene aufteilen“, so PWC-Sprecher Falk Hartig. Doch auch wer seinen Abschluss noch nicht in der Tasche hat, kann bei PWC Praxisluft schnuppern. Hartig: „Wir werden ungefähr 1.500 Praktikant:innen und Werksstudent:innen Einblicke in die Arbeitswelt von PWC Deutschland bieten.“

Was die Profile angeht, stehen für PWC Mindset und Persönlichkeit im Vordergrund: „Wir suchen Menschen, die mit uns Vertrauen schaffen und wichtige Problemstellungen lösen wollen“, so Unternehmenssprecher Hartig. „Wir suchen sowohl die für uns klassischen, relevanten Profile aus den Zielgruppen BWL/Wirtschaft und Jura, aber wir stellen auch zunehmend Studierende und Absolvent:innen der MINT-Fächer ein.“

PWC wolle als Arbeitgeber agile Arbeitsweisen und die Nutzung neuer Technologien fördern und den kulturellen Veränderungsprozess nachhaltig vorantreiben. „Der Mensch steht im Mittelpunkt, Potenzialentfaltung und Flexibilität in der Organisation des Arbeitsalltages sind dabei für uns die zentralen Werte“, so Falk Hartig.


KPMG

KPMG, die zuletzt ein deutliches Wachstum im Beratungsgeschäft hingelegt haben, hat im Geschäftsjahr 2021 (das zum 30.09.2021 geendet ist) mehr als 2.000 Stellen besetzt und darüber hinaus 1.800 Praktika vergeben. „Und wir machen weiter so“, erklärt Unternehmenssprecher Jörg Allgäuer. „Seit dem 1. Oktober 2021 haben wir bereits jetzt mehr als 2.700 Einstellungen vorgenommen, darunter 1.400 Festangestellte. Wir streben also weiterhin ein überproportionales Wachstum an Mitarbeitern an.“

KPMG suche Leute aus Studiengängen mit betriebswirtschaftlicher Affinität, insbesondere aus Wirtschaftswissenschaften, MINT-Fächer und Rechtswissenschaften. „Da sich die Ausbildungslandschaft in den vergangenen Jahren sehr verändert hat, sind wir darüber hinaus generell an Potenzialkandidaten interessiert, deren Fähigkeiten wir nach der Einstellung bei KPMG weiter ausbilden und trainieren“, so Jörg Allgäuer.


Deloitte

Auch bei Deloitte werden 2022 Tausende neuer Mitarbeitender gesucht. „Wir suchen voraussichtlich 1.300 Praktikant:innen, 1.500 Berufseinsteiger:innen und rund 1.200 Leute mit Berufserfahrung“, so Deloitte-Sprecherin Julia Linke. Generell zeige man sich offen für unterschiedliche Profile: „So vielfältig wie unsere Aufgabenbereiche sind auch die Profile, die wir suchen“, so Julia Linke. „Wir suchen Studierende und Absolvent:innen jeglicher Studienrichtungen, bevorzugt mit wirtschafts-, naturwissenschaftlichem und technologischem Hintergrund.“ Wichtig für Deloitte seien, so Linke, die richtige Einstellung und bestimmte Schlüsselkompetenzen: „Lebenslanges Lernen, Technologieaffinität, Interesse an Transformations- und Digitalisierungsthemen, analytische und konzeptionelle Fähigkeiten sowie kundenorientiertes Auftreten und ein open Mind-set.“


EY

Bei EY sollen 2022 etwa 3.000 Mitarbeitende neu an Bord kommen, darunter 600 Professionals, 1.000 Graduates und 1.400 Praktikant:innen, so Unternehmenssprecher Dag-Stefan Rittmeister. „Neben den klassischen Qualifikationen wie Betriebswirtschaftler, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Unternehmensberater stellt EY vermehrt Mathematiker, Informatiker und Ingenieure ein“, so Rittmeister. Dass EY bei den fachlichen Hintergründen zunehmend auf Vielfalt setzt, hat gute Gründe: „Die Digitalisierung von Prüfung und Beratung und die Transformation von Unternehmen und Geschäftsmodellen erfordert mehr denn je multidisziplinäre Teams mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten“, so EY-Sprecher Rittmeister.

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