Die Revolution wird nicht im Fernsehen gezeigt? Von wegen, sie war dort live zu sehen - und zwar am vergangenen Sonntag... von Sebastian Heinrich, MZ
Die Revolution wird nicht im Fernsehen gezeigt werden, hat der US-amerikanische Musiker Scott-Heron in seinem berühmtesten Song gesagt. Nicht gesungen.
Scott-Heron hat diesen Satz im Sprechgesang vorgetragen, erstmals im Jahr 1970. Er hat so eine neue Musikrichtung auf den Weg gebracht, den Hip-Hop. Aber Recht hatte er nicht. Denn sie war ja im Fernsehen zu sehen, die Revolution. Zumindest im Bezahlfernsehen. Sie hat sich mitten in Deutschland zugetragen, an einem sonnigen Nachmittag, auf einem Flecken Rasen zwischen einer Kläranlage, einer Autobahn und U-Bahn-Schienen.
Wie jede Revolution hat auch diese einen Helden. Er ist 20 Jahre jung, schlank, trägt sein dunkelblondes Haar streng nach hinten gekämmt.
Wie jede Revolution hat auch diese einen Helden. Er ist 20 Jahre jung, schlank, trägt sein dunkelblondes Haar streng nach hinten gekämmt. Und als wäre dies der Tugenden nicht genug, spricht er auch noch mit fränkischem Akzent. Marius Wolf heißt der Umstürzler, den diese Zeilen ehren sollen. Er hat am vergangenen Sonntag vollbracht, was kaum einer mehr zu denken wagte: Marius Wolf hat 1860 München zu einem Sieg in der 2. Fußball-Bundesliga verholfen.
Und weil Revolutionen von Heilsversprechen leben und weil niemand Heilsversprechen so dringend braucht wie die 1860-München-Fans unter unseren Lesern, sagen wir hiermit voraus: Die Löwen werden jetzt nicht mehr aufhören mit dem Gewinnen. Sie werden die 2. Bundesliga von hinten aufrollen, werden die Aufstiegsrelegation gegen den FC Ingolstadt in der 107. Minute des Rückspiels für sich entscheiden, im DFB-Pokal erst die großen Bayern rauswerfen und dann den Pokal gewinnen. So wird es kommen. Es sei denn, die Revolution frisst ihre Kinder. Aber diesen Satz hat ja ein Schriftsteller geschrieben. Und die irren sich ja noch öfter als Musiker.