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Ich will Verbote!

Wir leben über unsere Verhältnisse. Deshalb brauchen wir jemanden, der uns auf die Finger haut. Anders ist die Welt nicht zu retten, sagt unser Autor.

Es war die Gabel. Ein kurzes, weißes, vierzackiges Stück Plastik. Allen Autofahrern, Mobiltelefonbesitzern, Steakessern und Christian Lindners, die mir in den nächsten Minuten einen Vogel zeigen werden, antworte ich deshalb: Sagt, was ihr wollt, aber habt ihr mal die Gabel gesehen?

Eigentlich hatte ich im Supermarkt nur einen Salatkopf kaufen wollen. Das Unglück war, dass ich vorher an der Kühltheke mit den in Plastik verpackten Fertigsalaten vorbeikam. Blätter, Cocktailtomaten, Mais, Putenbruststreifen, Dressing im Plastikbeutelchen. Aufreißen, zusammenkippen, durchmischen, essen. Sogar an eine Gabel hatte der Hersteller gedacht.

Nichts davon hätte ich gebraucht.

Einen Salatkopf kann ich selbst zerlegen. Dressing zusammenrühren auch. Erst recht besitze ich eine eigene Gabel. Ich wollte den Salat schließlich zu Hause essen. Trotzdem dachte ich: Ist doch praktisch, mehr Zeit für mich. Zwei Packungen legte ich in den Korb. Einen Tag später erneut. Die Gabeln warf ich in den Müll. Und ich werde es wieder tun.

Wir alle werden es wieder tun: Sachen konsumieren, die nicht sein müssten. Weil wir bequem sind. Weil wir glauben, sie zu brauchen. Weil unsere Freunde sie auch haben. Coffee to go. Kaffee aus der Kapsel. Wieder ein neues Smartphone. Mit dem Auto in die Stadt, weil es nach Regen aussieht. Mehr Bildschirmdiagonale. Im Sommer nach Neuseeland, im Herbst auf die Azoren und von München nach Berlin fliegen, weil's schneller geht. Die Tomaten sehen schrumpelig aus, schmeiß ich lieber weg. Sollen wir Pizza bestellen? Der Akku ist schon wieder leer. Ich hatte zwar gerade gestern Steak, aber egal, das habe ich mir jetzt verdient.


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