Thorsten Albustin spielte einst für Borussia Mönchengladbach. Dann jagte ihn die Angst durchs Leben. Als sie ihn auch vom Fußballplatz vertrieb, konnte ihn nur noch einer retten.
Der Fußballtrainer Thorsten Albustin besitzt einen Kugelschreiber, in dem vier Minen stecken. Mit Blau trägt er schon vor dem Spiel die wichtigsten Informationen über den Gegner in ein Notizbuch ein. Mit Schwarz hält er die Erkenntnisse fest. Mit Rot die Wechsel. Mit Grün die Tore. Der Kugelschreiber mit den vier Minen gibt eine Ahnung, warum Albustin da sitzt im Oktober 2017. Auf einem Plastikstuhl am Rande eines Fußballplatz genannten Ackers. Im Hintergrund die Windräder und die Dorfkirche von Vrasselt, kurz vor Emmerich. Der Schiedsrichter mit Bierbauch. Der Kugelschreiber gibt auch eine Ahnung, wie sich Albustin gegen das schwarze Loch in seinem Leben gestellt hat. Gegen die Ängste. Mehr als zehn Jahre lang. Vielleicht gibt der Kugelschreiber aber auch eine Ahnung, wie Albustin überhaupt hineingeraten ist in dieses Loch.
"Wat hasse, Laser?", ruft er einem seiner Spieler zu.
"Da war so ein Erdloch. Hat geknackt."
Die Angst begleitet Albustin zuerst, dann leitet sie ihn. Er ist acht, die Familie im Winterurlaub in den Bergen, er mit seinem Vater im Sessellift. Eine Lawine geht runter. Ihm passiert nichts. Anderen schon. Die Vorstellung, dass es ihn hätte treffen können, verfolgt ihn lange. Er hat Alpträume. Später im Freibad: Ein Freund packt ihn an den Knöcheln und steckt ihn kopfüber ins Wasser. Die Panik ist wieder da. Andere Kinder vergessen schnell, bei Albustin nistet sich die Angst ein.
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