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Reportage

Besuch beim Wurmdoktor

Ein Linzer Hausarzt verkauft in seiner Ordination das Entwurmungsmittel Ivermectin. Zu einer Coronaimpfung rät er nicht. Ist er ein Einzelfall?


Trotz des Lockdowns sind die Straßen an diesem Nach­ mittag in Linz voll. Die Arzt­ praxis liegt mitten in der Stadt. Die Ordination wirkt gemütlich. Eichenholzmöbel,

Weihnachtsdeko, eine Kinderspielecke mit Büchern. Eine Patientin wartet neben der Rezeption, eine andere ist noch im Be­ handlungsraum. Der Allgemeinmediziner vergibt Termine im Viertelstundentakt. Auch News hat einen ergattern können – undercover, versteht sich. Denn wir möch­ ten herausfinden, ob es tatsächlich Ärzte in Österreich gibt, die, statt zu einer Co­ ronaimpfung zu raten, eher ein Entwur­ mungsmittel verschreiben. Besonders Oberösterreich hat es mit dem Handel des Wurmkurpräparats gegen Corona in die internationale Presse geschafft. Die deut­ sche „Tagesschau“ berichtete über die „Skurrilität“, dass das Medikament dort ausverkauft sei.


Der Hype um das vermeintliche Wunder­ mittel zur Covid­19­Behandlung hält sich in bestimmten Internetforen seit Mona­ ten. Angefangen hat es mit einer australi­ schen Studie, die im April 2020 veröffent­ licht wurde. Laborexperimente hätten gezeigt, dass Ivermectin Coronaviren in Zellen abtöte, so das Fazit der Studie.


Danach bestellten viele Menschen in Österreich das rezeptpflichtige Mittel im Internet. Die Packungen kamen meist aus Singapur, Indien oder Hongkong, berichtet das Bundesministerium für Finanzen (BMF). Die Tabletten seien oft gefälscht, verunreinigt oder schlicht wirkungslos. Im vergangenen Oktober stellten die Zollfahnder 7.640 Ivermectin­Tabletten sicher. Das ist im Vergleich zum Jänner mehr als das 50­Fache. Ein großer Teil davon sollte nach Oberösterreich verschickt werden. Die Kunden seien Privatpersonen, sagt das BMF, nicht die Apotheken. Wegen des Ver­ stoßes gegen das Arzneiwareneinfuhrge­ setz drohen den Käufern Geldstrafen bis zu 7.260 Euro.


Ende Oktober warben dann FPÖ­Chef Herbert Kickl und seine Parteikollegen für das Medikament zur Covid­19­Behand­ lung. Kurz darauf, im November, berichte­ te der Präsident der oberösterreichischen Apothekerkammer, dass Ivermectin im­ mer wieder ausverkauft sei.


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