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Jugendbefragung für die SZ

In München leben derzeit rund 92 600 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 21 Jahren. Was sie sich wünschen, was sie stört, erforscht eine Online-Befragung des Stadtjugendamtes

Der Weg zur Schule mit den öffentlichen Bussen und S-Bahnen, die neue Sportart, die so unbekannt ist, das sie im Viertel nicht angeboten wird oder das eben erst eröffnete Café an der Ecke - eine Stadt prägt den Alltag ihrer jugendlichen Bewohner. In München leben derzeit rund 92 600 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 21 Jahren, sie machen hier ihre Abschlüsse oder finden ihre ersten Jobs. Die meisten der jungen Leute, fast 8000, wohnen in Ramersdorf/Perlach; der Bezirk Altstadt/Lehel hingegen beheimatet nicht einmal 1000 junge Menschen. Sie alle aber haben ihren ganz eigenen Blick auf die Stadt, der durchaus auch mal kritisch sein kann. Und sie haben Ideen, wie sie ihr München gestalten und an der einen oder anderen Stelle schöner, besser machen würden.

Diese Ideen greift noch bis zum 27. März eine Online-Jugendbefragung auf. Das Stadtjugendamt und das Aktionsbündnis "Wir sind Zukunft" fragt bei den 15- bis 21-Jährigen nach, was sie an München mögen und wo aus ihrer Sicht Probleme bestehen. 4000 junge Bewohner und Bewohnerinnen der Stadt wurden angeschrieben, gleichzeitig motivieren Mitarbeiter in Jugendzentren und in der Schulsozialarbeit im direkten Gespräch Jugendliche zur Teilnahme.

Die Jugendbefragung findet bereits zum zweiten Mal statt, vieles hat sich im Vergleich zur ersten Befragung im Jahr 2012 verändert. Anders als vor vier Jahren gibt es diesmal keinen Zugangscode, der damals zum Zweck der Verlässlichkeit der Umfrageergebnisse nur an ausgewählte Jugendliche verteilt worden war; nun kann sich jeder online an der Jugendbefragung beteiligen. Dadurch wolle man noch mehr Adressaten erreichen, erklärt Manuela Sauer vom Kreisjugendring München Stadt, der am Aktionsbündnis "Wir sind Zukunft" beteiligt ist: "Und das ist geglückt, schon jetzt ist die Beteiligung höher als 2012."

Und es gibt noch mehr Veränderungen: "Diesmal haben wir die Jugendlichen aktiv in die Vorbereitungen eingebunden", erklärt Sauer. Drei Workshops gab es im vorhinein, bei denen die jungen Münchner ihre Kritik und Anregungen äußern konnten. Sie sprachen sich vor allem dafür aus, den Fragebogen deutlich zu kürzen und zu vereinfachen. Außerdem plädierten sie für das Schwerpunktthema "Freiräume in der Stadt". Immerhin drei Fragen finden sich nun zu dem Komplex im Fragebogen.

2012 war das "Jahr der Partizipation von Kindern und Jugendlichen in München; das nahmen Stadtjugendamt und das Aktionsbündnis seinerzeit zum Anlass, die Jugendbefragung zum ersten Mal durchzuführen. Etwa 650 Jugendliche beteiligten sich an der anonymen Online-Befragung - und sie zeichneten das Bild einer grundsätzlich zufriedenen jungen Bevölkerung. 94 Prozent gaben 2012 an, dass München ein Ort sei, an dem sie sich wohlfühlen, die meisten blickten positiv in die Zukunft. Doch die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigten auch drei große Probleme Münchens auf: teure Mieten, überhöhte Preise im öffentlichen Nahverkehr und zu wenige Freiräume in der Stadt. "Ständig werden wunderschöne, alte Gemäuer abgerissen, um moderne Luxuswohnungen oder Bürohäuser zu bauen", beklagte 2012 ein Teilnehmer, "Jugendliche aber lieben Orte wie den Schlachthof." 2013 wurden die Ergebnisse vorgestellt und man beschloss, künftig alle drei Jahre eine Jugendbefragung durchzuführen.

Erfahrungen aus der ersten Umfrage zeigen, dass sich das Mitmachen lohnen kann. Eine der Konsequenzen: Der Kreisjugendring bildete einen Arbeitskreis und stellte einen Mitarbeiter ein, der sich um ein Jugendticket im öffentlichen Nahverkehr bemüht. Wobei konkrete Erfolge noch ausstehen - noch immer gibt es einzig den komplizierten und im Vergleich teuren Ausbildungstarif. Im Jugendinformationszentrum wurde außerdem 2014 eine Beratungstelle eingerichtet, bei der sich Jugendliche einmal wöchentlich über günstigen Wohnraum in München informieren können.

Die Jugendbefragung birgt aber auch das Potenzial, bisher vergessene oder übersehene Probleme zu Tage zu fördern. So gab es 2012 ein Thema, mit dem die Verantwortlichen nicht gerechnet hatten: die Polizei. Viele Jugendliche beklagten willkürliche Kontrollen und einen rauen Umgangston. Daraufhin wurden Projekte und Workshops wie die Initiative "Rollentausch" ins Leben gerufen, die das gegenseitige Verständnis fördern sollen. Manuela Sauer ist gespannt, "welches Thema die Jugendlichen und jungen Erwachsenen 2016 besonders beschäftigen wird".