Sarah Nägele

Freie Journalistin, Leipzig / Bodensee

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Was Menschen nach 65 Lebensjahren wirklich bereuen

Foto: Getty Images/Cultura RF

Ein Forscher fragte Menschen über 65, was sie am meisten in ihrem Leben bereuen. Er erwartete Antworten wie "eine Affäre". Auf die Antwort, die er tatsächlich sehr oft hörte, war er nicht vorbereitet.


"Ich bereue nichts" - ein Satz, der schon von Sido bis Silbermond besungen wurde, den sowohl Katharine Hepburn als auch Coco Chanel nebst vielen anderen gesagt haben sollen. Am liebsten mit einem "Hauptsache, es hat Spaß gemacht" hinten angefügt, ist er geradezu ein hedonistisches Statement geworden. Doch wenn wir ehrlich sind, kennt jeder das Gefühl der Reue.

Dinge, die man lieber nicht gemacht hätte. Sätze, die man lieber nicht gesagt hätte. Entscheidungen, die man heute anders treffen würde. Wer mit diesen Entscheidungen weiterlebt, kann jedoch auch neue Möglichkeiten entdecken, gerade als junger Mensch. Aber wie sehen das eigentlich solche, die bereits ein höheres Alter erreicht haben?

Ein Ratschlag kam dabei heraus

Karl Pillemer wollte das wissen. Er fragte Hunderte von Menschen, die über 65 Jahre alt sind: "Was bereust du am meisten, wenn du auf dein bisheriges Leben zurückblickst?" Auf der Online-Plattform Quora schreibt der Professor für Humanentwicklung, er habe Antworten wie "eine Affäre, dubiose Geschäfte oder Abhängigkeiten" erwartet. Auf die Antwort, die er tatsächlich sehr oft hörte, war er nicht vorbereitet.

Die meisten Menschen sagten ihm, dass sie bereuten, sich so viele Sorgen in ihrem Leben gemacht zu haben. Sie wünschten sich die Zeit zurück, die sie in Sorge verbracht hatten.

Ihr Ratschlag fürs Leben ist erstaunlich einfach und direkt: Sorge sei eine Vergeudung unserer wertvollen und begrenzten Lebenszeit. Ihr Tipp für ein glücklicheres Leben lautete daher, sich nicht mehr oder zumindest weniger zu sorgen. Diese Aussagen stimmen laut Pillemer auch mit wissenschaftlichen Erkenntnissen überein. Das Schlüsselmerkmal von Sorgen sei, dass sie in der Abwesenheit von Stressoren auftreten. Einfach gesagt heißt das: Wir machen uns Sorgen, wenn es keinen konkreten Grund dazu gibt.

Mehr als 1500 Befragte

Eine gute Taktik, dem entgegenzuwirken, sei es, mehr Zeit mit dem Lösen von konkreten Problemen zu verbringen statt mit dem Ausdenken möglicher Probleme.

Die Umfrage war Teil des "Legacy Project", welches Pillemer bereits im Jahr 2004 startete und über das nun der britische "Independent" berichtete. Er sprach mit mehr als 1500 Menschen über 65 über die wichtigsten Dinge, die sie in ihrem Leben gelernt hatten.

In seinem Buch "30 Lessons for Living" schrieb er die Ergebnisse auf. Seine Gesprächspartner sind für ihn Experten, da sie nach seiner Aussage über mehr Lebenserfahrung verfügen würden als jeder Lebenshilferatgeber der Welt.

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