Nürburgring. Trockenes, braunes Gras knistert unter den Füßen. Vorsichtig einen Schritt vor den anderen setzen. Tanzen um den Müll herum. Um Glasscherben, Grillkohle, um zerdrückte Bierdosen, zerschlissene grau-braune Zeltreste, um abgerissene weiße Gartenparty-Pavillons, deren schmale Gerüste wie Figuren in die Luft ragen.
Das zurückgelassene Chaos erzählt von vier Tagen Rock am Ring, von einer wilden Party, von schlaflosen Nächten. In leeren Raviolidosen klebt bräunliche Tomatensoße. Die Dosen kullern über liegengebliebene, zerschlissene Jeanshosen, über leere Plastikverpackungen von Steaks, in denen nur noch gelbliche Senfsoße pappt.
Manfred Strack ist der Organisationsleiter der Nürburgring GmbH. Schon seit 28 Jahren managt er die Müllentsorgung nach Rock am Ring, jetzt läuft sein 29. Einsatz - bei 36 Grad Hitze. "Die Temperaturen sind ideal zum Aufräumen, besser als im Matsch und Regen", sagt er. Dann nämlich würden die Leute noch mehr Müll zurücklassen. "So ein Zelt zum Beispiel kostet doch bei Aldi nichts, diese Einstellung haben die Besucher. Sie haben im Durchschnitt 200 Euro für ein Ticket bezahlt und denken, dass das Müllwegräumen inklusive ist."
Aber generell hat sich einiges verändert in den vergangenen 30 Jahren, vor allem seitdem Zelt- und Parkplätze voneinander getrennt sind. "1988 haben die Ring-Rocker Sofas und Tische aus dem Auto gehievt und neben ihr Zelt gestellt. Und dann sind sie vier Tage später abgereist, ohne ihren Sperrmüll mitzunehmen", erzählt Strack. So was gebe es noch vereinzelt, dann wird Omas alter Kühlschrank mit zu Rock am Ring genommen und hier zurückgelassen. Aber es sei mittlerweile eher die Ausnahme, dass ganze Sofalandschaften entsorgt werden müssen.
Dennoch hat die Menge an Haushaltsmüll zugenommen. Früher sind die Festivalbesucher freitags angekommen und sonntags wieder abgereist. "Heute beginnt das große Aufbauen schon am Dienstag, und die meisten reisen am darauffolgenden Montag wieder ab. "Dafür muss natürlich Verpflegung aufs Gelände. Und das, was übrig bleibt, wird einfach liegen gelassen. Das sind mittlerweile 750 Tonnen Haushaltsmüll, die entsorgt werden müssen. "Wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahr wieder ein bisschen mehr sein wird", schätzt Strack. Die Camper trennen den Müll in Säcken auf den Zeltplätzen, aber der Müll, der liegen bleibt, wird nicht getrennt.
Szenenwechsel. Am Straßenrand türmen sich die gelben Säcke, die die Camper auf den Zeltplätzen gefüllt haben und für die auch Müllpfand bezahlt wurde. Eine Maßnahme des Veranstalters, um der überbordenden Müllmenge Herr zu werden. Vor den Säcken hält ein Auto mit belgischem Kennzeichen, die Säcke sind aufgeschnitten, Müll fällt heraus. Ein Mann und eine Frau laden Bierdosen in eine große Kiste. "Die Pfandsammler sind ein echtes Problem für unser Festival", sagt Strack. Er ärgert sich. "Das sind organisierte Gruppen, die kaufen sich Tickets extra dafür, um Pfand zu sammeln und machen damit bis zu 500 Euro an einem Abend Gewinn."
Über einen benachbarten Zeltplatz, auf dem schon wieder fast alles aufgeräumt ist, rollt jetzt ein roter Traktor und schiebt Müll in schmale Bahnen. Werner Palzer ist seit 15 Jahren Betriebsleiter bei Veolia, dem Müllentsorgungsunternehmen, mit dem die Nürburgring-Gesellschaft zusammenarbeitet. Er erklärt: "Der Traktor zieht erst den Müll auf Spur, und dann kommt unsere neue Maschine zum Einsatz. Die hat einen Rüssel und saugt den Müll auf." Palzer strahlt: "Bisher ist die Maschine ein voller Erfolg, sie schafft ungefähr anderthalb Hektar pro Stunde, das nimmt uns viel Arbeit ab."
Denn in den vergangenen knapp 30 Jahren lief das Mülleinsammeln auf der 14.000 Hektar großen Fläche rund um den Nürburgring nach Rock am Ring tatsächlich komplett von Hand: 120 Männer und Frauen sind zweieinhalb Wochen damit beschäftigt, mit Rechen den Müll aufzusammeln und in Container zu laden. Dann kommt der Abfall in eine Verbrennungsanlage nach Bonn. Einen Aspekt möchte Strack unterstreichen: "Die jungen Leute heute sind umweltbewusster als früher. Der Müll wird heute eher getrennt. Früher sah es hier noch viel schlimmer aus."