Sarah Stein

Head of Search Experience, SWR, Mainz

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Curry, Reis und Bollywood - Indische Ingenieure in Koblenz

Koblenz. Auf dem Klingelschild im Brenderweg in Koblenz-Lützel stehen 30 Namen - indische Namen. Die Klingel ist kaputt, ein junger Mann öffnet von innen die Tür und schiebt sein Fahrrad raus. Der Moment, um reinzuschlüpfen.


Von unserer Reporterin Sarah Kern


Karge Flure, viele Treppen. Indische Wortfetzen mischen sich mit dem Duft von Curry. Die Türen zu den Appartements stehen offen. Es erinnert an ein Studentenwohnheim. Eine junge Frau tanzt zu Musik in ihrer Wohnung, nur ein weißes Handtuch hat sie um ihren braunen Körper gebunden. Es ist wie in einem anderen Land - mitten in Lützel. Fernseher laufen, junge Frauen und Männer unterhalten sich auf den Fluren.


In einem der Appartements wohnt Siva Prakash (29) aus dem Süden Indiens. Seit September 2014 lebt und arbeitet er in Koblenz, beim Autozulieferer TRW in der Carl-Spaeter-Straße in Kesselheim.


9000 Kilometer trennen Siva Prakash jetzt von seiner Familie. Über seinem Bett hängt ein Bild von einem Sonnenuntergang über dem Indischen Ozean, sonst sind die Wände in der Wohnung kahl. Sein Zimmer im Brenderweg ist sehr klein. Gemessen an dem, was da alles reingequetscht ist: ein schmales Bett, ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen, ein Schreibtisch, ein schmaler Schrank und eine kleine Kochecke. Prakash liebt es zu kochen. Am liebsten für seine Arbeitskollegen: Inder, die mit ihm hier im Brenderweg leben, in der WG der jungen indischen Ingenieure. "Heute gibt es Reis mit Joghurt", sagt er. "Das isst man bei uns eher traditionell zum Nachtisch."


Er wäscht den Reis und erzählt, dass seine Mutter zu Hause den Reis mindestens eine Stunde wäscht. Ein indisches Ritual. Abhishek Shekkeri ist 24. Er steht plötzlich mitten in dem kleinen Zimmer. "Wann gibt es Essen?", fragt er. Shekkeri, ebenfalls Ingenieur, arbeitet auch bei TRW. Seit November 2014 lebt er in Koblenz. Als er lacht, entblößt sich eine Zahnspange. "Die habe ich seit heute, und mir tut alles weh", jammert er. Deshalb fragt er Prakash, ob er nicht besser Suppe kochen könnte. In Indien hätte er für eine Zahnspange umgerechnet 400 Euro gezahlt, hier sind es 4000. "Aber ich hoffe, dass meine Zähne danach auch super aussehen", erklärt Abhishek. Zu trinken gibt es Tee. "Wir trinken fast keinen Alkohol", erklären die beiden.


Prakash hat zwei Jahre Deutsch gelernt, bevor er nach Deutschland gekommen ist, im Goethe-Institut. In diesen zwei Jahren hat er Bewerbungen geschrieben, deutschlandweit. Dass er jetzt in Koblenz gelandet ist und in dem Appartementhaus im Brenderweg lebt, ist Zufall. Bewusst sei lediglich seine Entscheidung gewesen, nach Deutschland zu kommen. Und hier möchte er auch bleiben, eines Tages eine Familie gründen und aus dem Brenderweg ausziehen, in ein eigenes Haus mit Garten. Von Deutschland und Europa haben er und seine Kollegen viel gesehen. "Auch wenn ich nicht hier bleibe, es war eine geniale Erfahrung." Sarah Kern

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