Hardy Ferentschik lebt seit 15 Jahren in Schweden. Der Baden-Württemberger verrät uns, wie er Weihnachten in der Nähe von Göteborg feiert.
Im typischen Schwedenrot leuchten die Häuser in der Morgendämmerung. Leicht rieselt Schnee aus tiefgrauen Wolken. Freitagmorgen, 10 Uhr, es ist immer noch nicht richtig hell und wird es wohl auch den ganzen Tag nicht. Mittelschweden, Winterzeit. Die dunkle Jahreszeit in den skandinavischen Ländern. Weihnachten steht vor der Tür!
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Hartmut Ferentschick lebt seit 15 Jahren in Schweden. Er erzählt uns, was er an Schweden mag und warum ihm manchmal seine Heimat fehlt.
Wir sind verabredet zum Lussekatter backen bei Anna Martinez und Hartmut Ferentschik in Loresund in Schweden, in der Nähe von Göteborg. Lussekatter sind ein traditionelles schwedisches Gebäck, das zum heiligen Luciafest am 13. Dezember gebacken wird.
Meet the Locals bringt Menschen aus der ganzen Welt zusammenGefunden haben wir Anna und Hartmut, der Hardy genannt wird, über die schwedische Online-Plattform „Meet the Locals", initiiert vom schwedischen Tourismusverband. Das Ziel der Plattform: Mit Einheimischen ganz normale Sachen machen und Traditionen kennen lernen wie zum Beispiel Lussekatter backen in der Weihnachtszeit. Wir wollen wissen, wie das so geht - Weihnachten feiern in Schweden.
Die Überraschung kommt sofort: Hardy (45) begrüßt uns in tiefstem badischen Dialekt, während wir an der Wohnungstür aus unseren nassen Schuhen schlüpfen. Ein Stück Heimat also in Westschweden, Hardy ist aus Stockach in Baden-Württemberg!
Das Luciafest in Schweden
Am 13. Dezember findet in Schweden das Luciafest statt. Das Lichterfest gilt als winterliches Gegenstück zur Mittsommernacht, die in Schweden und anderen skandinavischen Ländern ebenfalls alljährlich traditionell gefeiert wird. Das Singen von Lucialiedern und das Verzehren von Safrangebäck und dem alkoholischen Heißgetränk Glögg sind ebenfalls charakteristische Bräuche des Lichterfests.
Seit 15 Jahren lebt er mit seiner Frau Anna (45), dem Hund Ronja (8) und den beiden Kindern Milo (7) und Kira (5) in Schweden. Seit fünf Jahren außerhalb von Göteborg mitten in der Natur. Wenn man aus dem Küchenfenster schaut, sieht man den tiefgrünen See Lillelangen. Idylle pur. In den weißen Fenstern des Hauses leuchten gebastelte Weihnachtssterne aus Pergamentpapier in Rot, Grün und Gelb. Weihnachten liegt in der Luft. Deshalb sind wir hier!
Santa Luciafest in Schweden - Safranschnecken backen!Der Hefeteig für die Lussekatter liegt schon auf dem Holztisch bereit. Er leuchtet strahlend gelb. „Das ist der Safran. Er soll die Sonne, das Licht symbolisieren, weil es in den skandinavischen Ländern im Winter sehr dunkel ist", erklärt Anna auf Englisch. Anna reißt ein Stück Teig ab und formt ihn schnell zu einer Schnecke.
Anna Martinzes backt Lussekatter
Lussekatter werden in Schweden traditionell zum Luciafest am 13. Dezember gebacken, dem Gedenktag an die heilige Lucia.
Anna ist halb Schwedin, halb Spanierin - kennengelernt haben sich Anna und Hardy während des Studiums in Australien. Anna sagt: „Ich mag es, neue Menschen und ihre persönliche Geschichte kennen zu lernen. Deshalb mache ich bei ,Meet the Locals' mit. Ich möchte auch unsere Traditionen weitergeben. Ich glaube, dass es die Menschen näher zusammenbringt, wenn sie auf diese Art reisen und neue Kulturen kennen lernen. Zum Beispiel das Weihnachtsfest in Schweden."
Unterschiede Weihnachten in Deutschland und in SchwedenGibt es eigentlich Unterschiede zwischen Weihnachten in Schweden und in Deutschland? „Oh ja, die gibt es!", sagt Hardy. Ein großer Unterschied - und darüber streiten er und Anna jedes Jahr - ist das Thema Essen an Heiligabend. „In Schweden wird an Heiligabend mittags das Julbord gegessen - das ist das traditionelle schwedische Weihnachtsbuffet, und ich kenne es von zu Hause so, dass wir alle gemeinsam am Abend des heiligen Abends essen, bevor das Christkind oder der Weihnachtsmann kommt."
Das könnte Sie auch interessieren:Ein weiterer Unterschied ist auch noch, dass die Schweden sich mittags um 15 Uhr vor dem Fernseher versammeln und Kalle Anka, Donald Duck, schauen, eine Institution seit 1959. „Das fühlte sich anfangs seltsam an", sagt Hardy.
Kalle Anka und das schwedische Weihnachtsfest
Kalle Anka (Donald Duck) zu gucken, gehört in Schweden schon fest zur Weihnachtstradition. Die Zeichentrickfigur hat schon seit Generationen einen festen Platz im Herzen der Zuschauer, egal welchen Alters. 1959 sendeten Kalle Anka und seine Freunde zum ersten Mal Weihnachtsgrüße über den schwedischen TV-Kanal. Seit vielen Jahren ist Kalle Anka nunmehr die Nummer 1 am „Julafton" (Weihnachtsnachmittag). Für die Schweden ist es wichtig, dass sie mit der ganzen Familie zusammen sitzen. God Jul!
Aber Hardy und Anna haben einen Kompromiss gefunden: Julbord wird jetzt abends gegessen. Und mittags gemeinsam Kalle Anka geschaut. „Der Tannenbaum wird ein bis zwei Tage vor Heiligabend geschmückt in Schweden, das ist jetzt nicht so anders als in Deutschland."
Und dennoch gibt es einen Unterschied: „Der Baum wird 20 Tage nach Heiligabend ausgetanzt. Das bedeutet: Die Familie bildet einen Kreis und tanzt um den Weihnachtsbaum herum. Dabei wird der Baum abgeschmückt und die Kinder ziehen aus dem Baum die Zuckerstangen heraus, mit denen der Baum geschmückt wurde." Das nennt man „Julgransplundring" - Weihnachtsbaumplündern. In Deutschland ist dieser Tag mittlerweile auch ziemlich bekannt - als Knut.
Weihnachtstage in SchwedenDen ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag verbringt Hardy mit seiner Familie ganz ähnlich wie in Deutschland. Mit Besuchen bei Familie und Freunden.
Und zu Santa Lucia in der Vorweihnachtszeit am 13. Dezember gehen alle gemeinsam in die Kirche.
Der Kaffee zischt auf dem Ofen aus der Mokka-Kanne. Mittlerweile sind die Lussekatter fertig. Sie leuchten so schön gelb. „Das Luciafest ist eine besonders schöne schwedische Tradition", sagt Hardy.
Ob ihm eigentlich etwas fehlt in der schwedischen Weihnachtszeit? „Eine richtige schöne, deutsche Wurst und ordentliches Brot, das gibt es nur in Deutschland", antwortet Hardy. Aber das fehlt ihm eigentlich das ganze Jahr.
Julbord - das schwedische Weihnachtsbuffet in 7 Gängen
Viele Gerichte des schwedischen Julbords stammen aus einer Zeit, als die meisten Menschen unter bäuerlichen und ärmlichen Verhältnissen gelebt haben. Zum Julfest gönnte man sich deshalb alles, was der Hof hergab - unter anderem wurde zum Winter ein Schwein geschlachtet! Und was früher ganz klar ein Festessen war, mutet manchen heute ziemlich rustikal und einfach an - aber es ist immer noch eine beliebte Tradition.
Eingelegte Heringe in vielen Varianten Fische und Meeresfrüchte: Gravad Lax, kalt und warm geräucherter Lachs, Lachspastete, Makrele, Forelle. Gern auch mit Garnelen oder Kaviar gefüllte Eier. Jul-Schinken. Gegrillter Schinken, dessen Kruste mit Senf und Gewürzen eingerieben wurde. Köttbullar (Fleischbällchen) mit heller Soße, Mini-Wiener, Kartoffel-Gratin „Janssons Frestelse" mit Sahne und Anjovis, Rotkohl und Braunkohl Käsebuffet Dessert: das „Risgrynsgröt", ein schwedischer Reisauflauf, Schokoladenkuchen, Mandelkuchen, Apfelkuchen, Obstsalat und Eis Kleine Süßigkeiten: Weihnachtsgebäck und Eiskonfekt.
Hier kann man Anna und Hardy treffen und die schwedische Lebensweise erleben.