Koblen. Nach einer Befragung von der YouGov Deutschland AG im Auftrag der DA Direktversicherung wird für jeden fünften Fahrer die Straße zur Flirtbörse - vor allem im Sommer.
Wenn Anne Kappaun aus Koblenz mit ihrem Auto unterwegs ist und im Nachbarwagen einen gut aussehenden Mann sieht, macht sie nicht selten, was nach einer aktuellen Umfrage viele Autofahrer tun: Sie flirtet. Nach einer Befragung von der YouGov Deutschland AG im Auftrag der DA Direktversicherung wird für jeden fünften Fahrer die Straße zur Flirtbörse - vor allem im Sommer. Ein Zehntel der Befragten macht seinen Beifahrern schöne Augen, etwa gleich viele konzentrieren sich lieber auf andere Fahrer (10 Prozent) oder Fußgänger (9 Prozent). Besonders beliebt ist die Wartezeit an der roten Ampel.
Das kann auch Anne Kappaun bestätigen. Die 59-jährige Singlefrau arbeitet im "Wartesälchen", einem Café in der Koblenzer Innenstadt. "Ich lächle sehr häufig ins andere Auto", sagt sie. "Manchmal hat man das Fenster runtergekurbelt und der gut aussehende Mann im anderen Auto auch, dann kann man noch kurz miteinander plaudern." Sie findet, dass ein Lächeln die netteste Möglichkeit der Kontaktaufnahme ist. Und überhaupt werde viel zu wenig geflirtet.
Dabei ist ein Flirt im Straßenverkehr nicht ungefährlich. Das sagt die Koblenzer Polizei. Sprecher Helmut Zirfas lacht zwar bei dem Thema amüsiert, will aber auf ein paar Fakten hinweisen, ohne als Spaßbremse dazustehen. Jegliche Ablenkung während des Autofahrens könne zu Unfällen führen. Sieht man während der Autofahrt eine gut aussehende Person und lässt sich davon ablenken, was laut Studie insgesamt 14 Prozent der Befragten einräumten, kann das fatale Folgen haben. Denn: Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h und nur einer Sekunde Unaufmerksamkeit legt das Auto 15 Meter zurück. 15 Meter, in denen das Lenkrad unbeaufsichtigt ist. Zirfas: "Da kann zum Beispiel ein Kind auf die Straße springen oder ein Fahrradfahrer den Weg kreuzen." Dennoch kann er sich an keinen Fall erinnern, in dem einem Unfallverursacher Flirten beim Autofahren nachgewiesen werden konnte.
Da sollte man die Kirche jetzt mal im Dorf lassen und nicht päpstlicher sein als der Papst, kommentiert Herbert Fuss vom ADAC Koblenz die Frage zum Flirtverhalten im Straßenverkehr amüsiert. "Das machen wir doch alle mal, beim Autofahren gucken. Und wenn es sich ergibt, auch mal mit der ein oder anderen ein Lächeln austauschen." Generell sollte man da auch die Frage nach der Definition von Flirten stellen. Wo fängt Flirten an, wo hört Flirten auf?
Übrigens: Während bei der Onlineumfrage der Versicherung ein Viertel der Männer angab, während der Autofahrt hin und wieder zu flirten, haben Frauen sich mit 15 Prozent eher zurückhaltender präsentiert. In unserer Umfrage in Koblenz verhält es sich anders. Die meisten Männer, vor allem verheiratete, winkten schnell ab. "Mit zwei schreienden Kindern im Auto, wie soll ich da noch flirten?" Oder: "Fragen Sie mal meine Frau - die kommt da hinten -, ob ich im Auto flirte." Die Frauen dagegen zeigten sich aufgeschlossener.
Wenn auch die meisten nicht so aufgeschlossen wie Eva Lipska. Sie definiert einen Flirt so, wie es auch Wikipedia tut: als eine erotische Annäherung zwischen zwei Personen. Ihr Lieblingsflirtort: die Autobahn. Und dort hat sie schon alles erlebt. Lipska möchte unerkannt bleiben, deshalb ist ihr Name geändert. Auf der Autobahn zu flirten, das gibt ihr den perfekten Adrenalinschub, sagt sie. Im Museum, im Café oder am Wochenende im Klub zu flirten, findet sie total langweilig. "Nächste Raststätte?" hat die 33-Jährige in Druckbuchstaben mit schwarzem Edding auf ein weißes Din-A-4-Blatt geschrieben.
Auf einem anderen ihre Handynummer.
Die Blätter hat sie griffbereit im Fach in der Innenseite der Fahrertür. Wenn ihr im Stau im Nachbarauto ein Mann auffällt, dann drückt sie das Blatt an die Fensterscheibe und lächelt. Das macht sie manchmal auch während der Fahrt, wenn ihr beim Überholen jemand auffällt. "Wir trinken Kaffee und plaudern."
Singles trifft sie so, aber auch Verheiratete, die dann von ihrer Frau und ihren Kindern erzählen. Lipska glaubt, dass ein Flirt jedem das Gefühl geben kann, begehrt zu werden. Und da reicht es ja, mit einer unbekannten Person ein Lächeln auszutauschen oder Kaffee zu trinken. Aber manchmal, räumt Eva Lipska ein, wird bei bei den spontanen Treffen auch mehr daraus ...
