Köln, Lintgasse 28, eine Dachgeschosswohnung: Das Atelier Bauermeister
war 1960 ein Ort der Experimente. Türhüterin Mary Bauermeister beeinflusste die politische Kunstrichtung Fluxus zusammen mit Künstler*innen
wie Joseph Beuys, John Cage und Nam June Paik. Geprägt von einer
Kindheit nach dem Zweiten Weltkrieg werden hier Werte und Lebensentwürfe hinterfragt, voller Optimismus, es besser machen zu können. Fast
sechzig Jahre später blickt die Dokumentation von Carmen Belaschk auf
das Leben einer Frau, die nicht nur Partnerin von Karlheinz Stockhausen
war, sondern selbst Künstlerin ist. Behutsame Filmaufnahmen lassen in
die Realität eines Menschen blicken, der einerseits Faszination für die
Erosion des eigenen Körpers gefunden hat, andererseits immer noch
rastlos ist. Ein „Mal schauen, ob ich das noch fertig kriege" begleitet
die hell gehaltenen Bilder, kosmische Musik hallt im Hintergrund. Eingespielte Animationen und Fernsehmitschnitte aus einer anderen Zeit
rahmen den Weg der Macherin. Beängstigend intim schwappt dabei das
Spannungsfeld Künstlerin- und Muttersein über den Bildschirm: „Ich
war sicher keine gute Mutter, aber so gut ich konnte, war ich eine." Das
feinfühlige Porträt einer Frau, die sich entzieht und dadurch brilliert.
Mary Bauermeister. Eins plus Eins ist Drei DE 2020. Regie: Carmen Belaschk. 102 Min., Start: 14.01