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Sozialpartnerinnen: "Turbo zünden" für den Ausbau der Kinderbetreuung

© apa / R. Jäger

Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, ist besonders für Frauen eine Herausforderung. Beim Kinderbetreuungs- und Kinderausbildungsgipfel mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, seiner Ehefrau Doris Schmidauer und Experten aus dem In- und Ausland zeigten sich die Vertreterinnen der Sozialpartner nun einig in ihren Forderungen an die türkis-grüne Bundesregierung: Man wolle "den Turbo zünden" und den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze "vom Neusiedler See bis zum Bodensee" endlich wahr werden lassen, erklärte Wirtschaftskammer-Vizepräsidentin Martha Schulz in der Präsidentschaftskanzlei der Wiener Hofburg. "Uns ist bewusst: Es wird einen stufenweisen Ausbau brauchen", so Schulz.

Eine Milliarde Euro zusätzlich fordern die Vertreterinnen von Industriellenvereinigung (IV), Arbeiterkammer (AK), Wirtschaftskammer (WKÖ), Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Landwirtschaftskammer (LKÖ) unisono - aber nicht über mehrere Jahre verteilt, sondern jährlich. Kommen soll das Geld aus den anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen. Es sei aber wichtig, die Bildung und Betreuung von Kindern nicht weiter als Kostenfaktor zu sehen, betont die IV-Vizepräsidentin Sabine Herlitschka: "Natürlich kostet es, aber es ist auch eine Investition. Ein Euro investiert, bringt acht Euro Mehrwert."

Gefordert werden neben der langfristigen finanziellen Spritze auch bundesweite Regelungen für die Kinderbetreuung. Etwa in Bezug auf Öffnungszeiten und Gruppengrößen der Betreuungseinrichtungen. Damit sei es laut ÖGB-Frauenchefin Korinna Schumann aber noch nicht getan. Den Vertreterinnen sei bewusst, dass hier vor allem auch Beschäftigte fehlen. Deshalb müsse dringend nachjustiert werden: "Es braucht gute Arbeitsbedingungen, es braucht gute Bezahlung", so Schumann. Viele ausgebildete Elementarpädagoginnen würden das Arbeitsfeld wieder verlassen oder nach Ende der Ausbildung gar nicht erst in diesem Bereich zu Arbeiten beginnen. Dadurch komme es in der Kinderbetreuung zwangsläufig zu einem Fachkräftemangel.

Frühkindliche Bildung fördern

Im Sinne der Investitionslogik betonte Herlitschka die Wichtigkeit der frühkindlichen Bildung, auch schon bei jüngeren Kindern, wie etwa den unter Dreijährigen. Hier müsse beim natürlichen Grundinteresse der Kinder an Naturwissenschaften angesetzt werden, um zukünftige Wissenschaftler und Techniker schon im Kindergarten für MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu begeistern. "Kinder fragen ihren Eltern Löcher in den Bauch. Warum ist der Himmel blau und warum ist das Gras grün?", so Herlitschka. Dieses Interesse müsse, so gut es geht, gehalten und gefördert werden - als Investition in die Zukunft der Kinder und des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Außerdem sei es notwendig, die Frauen-Teilzeitarbeitsquote zu reduzieren. Das gehe eben nur mit einem adäquaten Angebot für Kinderbetreuung. Österreich liegt hier im Europavergleich unter dem Durchschnitt, erklären die Vertreterinnen. Das zehn Jahre alte Ziel von 33 Prozent bei Betreuungsplätzen für unter Dreijährige, sei mit durchschnittlich 29 Prozent nicht erreicht. In manchen Bundesländern liege der Durchschnitt laut Herlitschka sogar unter 17 Prozent. Und: Kinderbetreuung sei weiterhin Frauensache. Durch unzureichende Angebote würden Frauen in Teilzeitarbeit gedrängt: "Der Fachkräftemangel ist eben ein Arbeitskräftemangel", so Martha Schulz.

Damit der Schritt hin zu mehr Frauen in der Vollzeitbeschäftigung gelingen kann, fordern die Sozialpartner beispielsweise längere Öffnungszeiten bei Kindergärten: "Ich komme selbst aus dem Tourismus. Wenn unsere Kinder Ferien haben, ist bei uns Hochsaison", verdeutlicht Schulz. Deshalb müssten Eltern im Tourismussektor und Bereichen mit ähnlichen Problemen durch den Ausbau unterstützt werden. Nur so könne laut den Sozialpartnern auch dem Arbeitskräftemangel entgegengewirkt werden.

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