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Die Psyche spielt nicht mit


 
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Die Psyche spielt nicht mit

Pandemie als Treiber: Auch in Graz ist ein Anstieg an psychischen Erkrankungen durch Corona bemerkbar.

Wochenlang zuhause sein, Reise- und Kontaktbeschränkungen und vieles mehr: Die Coronapandemie war und ist bestimmt für niemanden einfach. Viele Personen können mit dieser Belastung nicht mehr umgehen – und werden psychisch krank. Studien ergeben, dass die Anzahl der Menschen, die an psychischen Krankheiten leiden, im Vorjahr stark gestiegen ist. Bereits im März 2020 gaben 39 Prozent der Befragten für die Studie "Psychische Gesundheit in Österreich" an, entweder bereits mit psychischen Problemen gekämpft zu haben oder zum Befragungszeitpunkt psychisch krank zu sein. Mittlerweile dürften die Zahlen noch höher sein.

Behandlung hinausgezögert

Auch die Leiterin des Universitätsklinikums für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin der Medizinischen Universität Graz, Eva Reininghaus, berichtet von steigenden Anfragen: "Zu Beginn der Pandemie hatten die meisten Leute noch Angst davor, ins Krankenhaus zu kommen. Mittlerweile aber steigen sowohl die Frequenzen im stationären als auch im ambulanten Bereich stetig. Wir sehen aber vor allem sehr schwer kranke Fälle." Diese Entwicklung sei unter anderem auch dadurch erklärbar, dass viele Betroffene ihre nötige Behandlung lange hinauszögerten – bis die Erkrankung letztendlich sehr weit fortgeschritten ist.

Das hat Gründe: Lange Wartezeiten, hohe Behandlungskosten und fehlende Kassenplätze stehen für viele Personen, die mit psychischen Krankheiten zu kämpfen haben, an der Tagesordnung.

Großes Tabuthema

„Für die Basisbehandlung einer psychischen Erkrankung ist oft der Hausarzt bzw. die Hausärztin erster Ansprechpartner, dies ist normalerweise für jeden zugänglich“, erklärt Reininghaus. Auch gebe es genügend kostenlose Beratungsstellen in Graz. Doch nicht nur das Kostenargument spielt bei der Verzögerung der Behandlung eine Rolle – für viele Menschen sind psychische Krankheiten noch immer ein großes Tabuthema, für das sie sich schämen.

Hier vermerkt die Psychiaterin eine positive Entwicklung: „Durch die Pandemie hat das Thema Psyche medial viel mehr Aufmerksamkeit bekommen. Das ist gut, denn es ermutigt Menschen, die damit Probleme haben, offener darüber zu sprechen.“ Für all jene, die mit ihrer Psyche zu kämpfen haben und noch nicht in Behandlung sind, hat sie ein paar Tipps zur Selbsthilfe bereit: So sei es sehr wichtig, eine regelmäßige Tagesstruktur zu haben – tägliche Routinen zu haben, könne schon viel bewirken. Ebenso empfiehlt sie mehrere Ruhepausen am Tag, um Stress zu reduzieren. Auch eine gesunde Ernährung und tägliche Bewegung hätten positive Auswirkungen auf die Psyche. „Für Personen, die bereits an Depressionen leiden, reicht das aber leider nicht“, meint sie auch. In diesem Fall ist eine professionelle Behandlung anzuraten. Eine stationäre Behandlung im Universitätsklinikum ist außerdem mit einer Facharztzuweisung jederzeit möglich – für Menschen, die sich aus ihren Problemen nicht mehr heraussehen, kann dieser ein Sprungbrett zurück in ein besseres Leben sein.

sarah kirchmayer

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