Am 8. März ist Weltfrauentag. „Ja, und?“, mag sich an dieser
Stelle der eine oder andere Leser denken, der nicht gerade aus Berlin kommt und
sich über den 2019 dazugewonnenen gesetzlichen Feiertag freut. Obwohl, der
fällt in diesem Jahr ja sowieso auf einen Sonntag. Vielleicht rollt in diesem Moment
auch das eine oder andere Paar Augen, weil schon wieder so ein Magazin in einer
seiner Ausgaben über Geschlechtergerechtigkeit philosophiert.
Okay, in anderen
Teilen dieser Welt werden Frauen auch im 21. Jahrhundert noch unterdrückt. Aber
doch nicht in Deutschland. Was will diese neue Generation von Feministinnen eigentlich,
deren Vertreterinnen in den Medien ständig so theatralisch herumnörgeln? Seit
101 Jahren dürfen Frauen bei uns schließlich wählen gehen. Und wir haben sogar
eine Bundeskanzlerin.
Stimmt. Und egal, welchem politischen Lager wir nun
zugeneigt sind, sollten wir uns darüber freuen, dass Frauen eine Karriere wie
die von Angela Merkel hierzulande offensteht. Wer allerdings einen genaueren
Blick auf unsere Gesellschaft wirft, wird feststellen, dass frau auf dem Weg
zur Gleichbehandlung noch so manche sprachliche Barriere, vorurteilsbehaftete
Hürde und tiefe Lohnlücke überspringen muss. Wenngleich diese deutlich kleiner ausfallen
als diejenigen, die die Mitglieder der L(esbisch)-S(chwul)-B(i)-T(rans)-Q(ueer)-Community
noch vor sich haben.
Auch und gerade in der deutschen Sportlandschaft sind wir in vielen Bereichen von einer Gleichberechtigung noch weit entfernt. Beispielsweise gibt es insbesondere auf den Entscheidungspositionen der Verbände häufig einen deutlichen Männerüberschuss. Völlig ohne Frauen kommt derzeit das Präsidium des Deutschen Volleyballverbandes aus, der Deutsche Fußballbund, der Deutsche Handballbund und der Deutsche Tennisbund können jeweils immerhin eine Dame in diesem Gremium vorweisen. Besser sieht es beim Deutschen Olympischen Sportbund aus: Er hat bereits 2014 beschlossen, dass mindestens 30 Prozent des Gremienpersonals weiblich sein muss und zählt derzeit vier Frauen und fünf Männer.
Und wie sieht
es beim Deutschen Tanzsportverband aus? An dieser Stelle dürfen alle
Tänzerinnen und Tänzer sich einmal stolz auf die Schulter klopfen. Fünf der zehn
Sitze im Präsidium haben Frauen inne, und an der Spitze des Gremiums steht mit
Heidi Estler eine Präsidentin. Eine Konstellation, die DOSB-Präsident Alfons
Hörmann beim DTV-Verbandstag 2018 in Lübeck zurecht als nachahmenswert
bezeichnete.
Während der Tanzsport auf Bundesebene also Vorbildcharakter
aufweist, dürfte es auf Länderebene in einigen Entscheidungsgremien durchaus noch
etwas weiblicher zugehen. Hier befinden sich die Damen zumeist noch in der
Unterzahl – wenn auch nicht überall. Einige Landestanzsportverbände könnten
vielmehr als Parade-Beispiele in Sachen Geschlechtergerechtigkeit herangezogen
werden. So sind in Nordrhein-Westfalen zwar deutlich mehr Männer als Frauen
(7:3) im Gremium vertreten, das Steuerruder liegt allerdings in den Händen von Dagmar
Stockhausen, der einzigen LTV-Präsidentin. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt
sind die Geschlechter zu gleichen Anteilen vertreten, und in Sachsen stellen
die Frauen mit vier zu drei Sitzen sogar die Mehrheit. Es zeigt sich also, dass
bereits viele starke Frauen unsere Sportart auf und neben der Fläche vertreten
– Tendenz steigend.
Ihnen und all den Männern, die sie unterstützen, widmen wir diese Tanzspiegel-Ausgabe.
Alles Gute zum Weltfrauentag wünscht Ihnen
Sandra Schumacher
Editorial aus dem "Tanzspiegel"-Magazin (Ausgabe 3/2020)