Premiere - Die „Blues Brothers" singen, tanzen und rasen als Musical-Charaktere über die Mannheimer Bühne
von Sandra Kathe
MANNHEIM. Eine Polizeisirene, Gitterstäbe und eine junge Dame mit kariertem Kleid und Maschinenpistole, die wild um sich schießt - dass es bei den „Blues Brothers" nicht ganz legal zugehen würde, war spätestens nach den ersten Szenen jedem klar. Einem Großteil des Publikums war die Geschichte des Kultfilms, den Matthias Gehrt für die Bühne adaptiert hat, bereits bekannt. Viele der eingefleischten Fans trugen zur Premiere Hut und Sonnenbrille.
Doch ganz so gefährlich, wie man zu Anfang meinen konnte, sind die beiden Brüder Jake und Elwood Blues gar nicht. Sie sind doch unterwegs im Auftrag des Herrn und eines Pinguins - der Nonne, die sie im Kinderheim großgezogen hat. Für die Rettung des Heims müssen die Brüder 5000 Dollar auftreiben, was in mehr als einer wilden Verfolgungsjagd mit der Polizei gipfelt.
Das Bühnenbild von Gabriele Trinczek benötigt nicht viel, um die Szenerie zu verdeutlichen. Vorn ein Fahnenmast, an dem die US-Flagge gehisst wird, hinten zwei schlichte schwarze Mauern, die jeden Ort in Chicago und Umgebung darstellen könnten - Gefängnis, Grill-Restaurant oder Bar. Umso detailreicher die Inszenierung von Matthias Gehrt, die auf perfektes Timing setzt.
Vor allem die Autoszenen begeisterten das Publikum. Was läge auch näher, als eine Verfolgungsjagd auf der Bühne realistisch mit zwei ferngesteuerten Spielzeugautos darzustellen. Hier eine Sirene, da das Knallen einer Autotür. Bewegungen, Geräusche und die Musik unter Leitung von Willi Haselbek passen perfekt zusammen. Und Ensemble und Band treffen den Nerv der Inszenierung.
Bei den Hauptdarstellern landet die Produktion mehrere Volltreffer. Die Titelrollen spielen Markus Maria Düllmann und Oliver Jaksch cool, witzig und stimmgewaltig. Im ersten Akt zieht sich Jaksch eine Muskelverletzung am Bein zu muss nach der Pause einen Gang zurück schalten. Wenn man sieht, wie er trotzdem als Jake aufdreht, fragt man sich, wie er ohne diese Blessur spielen wird.
Stark auch die Solistinnen. Stefanie Köhm, die bereits ihre dritte Produktion in Mannheim spielt, beweist Wandlungsfähigkeit als aggressive Nonne, resolute Ehefrau und rachsüchtige Barbesitzerin. Dass Aretha Franklins „Think" ihr einziges Gesangsstück bleibt, ist die einzige Enttäuschung des Abends.
Dafür widerlegt Köhn eiskalt die Behauptung, dass Pinguine nicht fliegen können. Carolin Soyka als Carrie verwirrt zunächst mit Auftritten mit Maschinenpistole und dem Schlager „Guten Morgen Sonnenschein". Als sie später als verlassene Braut Joe Cockers melancholische Ballade „Unchain My Heart" anstimmt, herrscht komplette Stille im Saal.
Eine Seltenheit an diesem Abend, denn die Titel laden zum Mitklatschen und -tanzen ein. Noch bevor am Ende das Licht angeht, belohnt das Publikum das Ensemble mit Ovationen im Stehen. Die Darsteller kommen erst nach einer guten halben Stunde Applaus und vier Zugaben von der Bühne. Verdient nach einer herausragenden Leistung in allen Bereichen.
Erschienen in: Darmstädter Echo