„Wir werden emotional erpresst"
Nina Böhmer, 28, ist Krankenpflegerin. Die derzeitigen Zustände in den Krankenhäusern machen sie wütend - auch, weil infizierte Pfleger*innen dort weiterarbeiten sollen.
Interview von Sandra Belschner
Nina Böhmer ist bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt.
Foto: Alexandra S. Aderhold
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Wir haben mit der 28-jährigen Nina Böhmer gesprochen. Sie ist als Krankenschwester bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt und erzählt in ihrem im Juli dieses Jahres erschienenen Buch „Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken" von ihrem Alltag als Pflegerin während der Pandemie.
Nina Böhmer: Ich finde es ziemlich fahrlässig, sowohl den Patient*innen, als auch dem Personal gegenüber. Es kann ja nicht immer garantiert werden, dass man sich zu hundert Prozent schützen kann. Wir Pfleger*innen sind zusammen im Aufenthaltsraum, da kann es schnell passieren, dass wir uns anstecken. Außerdem werden durch diese Fahrlässigkeit auch Leute außerhalb der Krankenhäuser gefährdet. Viele fahren mit der Bahn oder dem Bus zur Arbeit und können das Virus schnell verbreiten.
Die Stimmung ist sehr angespannt. Wir Pfleger*innen wurden am Anfang der Pandemie sehr laut, weil wir hofften, dass sich dadurch etwas ändern würde. Doch im Moment sehe ich leider keine Änderungen. Die Forderung von Herrn Spahn, dass man infiziert weiterarbeiten soll, gab es ja am Anfang der Pandemie auch schon. Das sind alles Sachen, die wiederkommen. Das führt natürlich zu einer sehr großen Frustration unter den Pfleger*innen. Viele würden gerne streiken, aber das ist oft sehr schwierig für uns. Wir werden emotional erpresst, indem man sagt: „Wenn ihr streikt, wer versorgt dann die ganzen Patient*innen?". Es gibt auch Einrichtungen, die machen den Mitarbeiter*innen Angst, dass sie dadurch ihren Job verlieren könnten.
„Da ich bei einer Zeitarbeitsfirma arbeite, sind meine Tage immer unterschiedlich "
Über ihren Alltag als Krankenpflegerin während der Corona-Pandemie hat Nina Böhmer ihr eigenes Buch geschrieben.
„Die Wertschätzung hat auf jeden Fall nachgelassen"
Zum Beispiel, dass wir infiziert weiterarbeiten sollen oder davon, dass uns ein Bonus versprochen wurde, der nie ausgezahlt wurde. Außerdem wurde in Niedersachsen die 12-Stunden Schicht eingeführt. Das ist alles kontraproduktiv.
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