Nach den Lockerungen der Corona-Maßnahmen scheint es, als müsste man dauernd etwas unternehmen. Damit fühlen sich viele unwohl. Warum? Wir haben bei einer Psychologin nachgefragt.
So langsam kommt unser aller soziales Leben wieder in Schwung: Wir machen Picknicks, gehen Pizza essen und treffen uns, um gemeinsam Fußball zu schauen. Aber: Für viele von euch ist das alles gerade auch ziemlich stressig - das habt ihr uns auf Instagram erzählt. Zum Beispiel, dass ihr euch in größeren Gruppen immer noch unwohl fühlt und das schnell zu viel wird. Jetzt, wo man endlich wieder raus darf, will man manchmal lieber zuhause bleiben. Woher kommt das? Mit Hanna Christiansen, Professorin für Kinder- und Jugendpsychologie an der Philipps-Universität in Marburg, haben wir im Videocall über sozialen Druck und „Joy of missing out", also die Lust am Verpassen, gesprochen.
Hanna Christiansen: Wir leben seit über einem Jahr mit strengen Kontaktbeschränkungen. Im Alltag wird uns ständig signalisiert: Abstand halten, Maske tragen! Größere Gruppen sind einfach immer noch ein ungewohnter Anblick. In Filmen oder Serien geht uns das ja ähnlich: wenn man dort viele Menschen auf engem Raum sieht, ist das seltsam. Und dann kommt noch dazu, dass einige Menschen weiterhin große Angst vor einer Infizierung haben. Weil sie zum Beispiel noch nicht geimpft wurden oder aufgrund von Erkrankungen nicht geimpft werden können oder auch, weil andere Personen in ihrem Umkreis noch nicht geimpft wurden.
Die Psychologin Hanna Christiansen erklärt, wie man sich langsam wieder an größere Gruppen gewöhnt - und was das mit Joggen zu tun hat.
„Wenn man jetzt nach den Lockerungen JOMO verspürt, ist das total in Ordnung"
Wenn man lange keine Events mehr besucht hat, kann das anfangs sehr anstrengend sein, wie beim Joggen
Zum FOMO und JOMO nach den Corona-Lockerungen gibt es noch keine aktuellen Studien. Aber es gibt Untersuchungen zum Stresserleben der Studierenden während der Pandemie. Die BOOM-Studie der Ruhr-Universität Bochum hat zum Beispiel ergeben, dass viele Studierende während der Pandemie einer hohen Belastung ausgesetzt waren und oft das Gefühl hatten, die Kontrolle zu verlieren. Das kennen wir aus der psychologischen Forschung. Gerade kleine Stressfaktoren - die wir „daily hassles" nennen - machen das Alltagsleben stressig. Ein Beispiel wäre der ewige Streit um das Abspülen, Aufräumen und Putzen in WGs. Wenn zu solchen täglichen Stressoren etwas wie Corona hinzukommt und Menschen das Gefühl haben, wenig Kontrolle über die Situation zu haben, dann steigt die Wahrscheinlichkeit für psychische Belastungen.