Die in der Türkei geborene Şirvan Ekici muss in einer männerdominierten Zielgruppe für sich werben, die gleichzeitig auch im Fokus der beiden parteiinternen Konkurrenten Hasan Vural und Mustafa Iscel steht. Doch Ekici wirkt dadurch nicht verunsichert, da sie sich zu Gute hält, dass sie auf eine projektreiche politische Vergangenheit zurückblicken kann. "Die Frauen sind am politischen Geschehen viel interessierter als man glaubt", meint Ekici und deutet an, dass sie sich insbesondere auf die Frauen aus dem türkisch/muslimischen Milieu fokussieren will.
WiedereinsteigerinObwohl altgedient, Ekici war zwischen 2000 und 2005 Integrationsbeauftragte der ÖVP Wien, ist sie auf der Landesliste der Wiener VP schlechter gereiht, als etwa der Polit-Neuling und Unternehmer Hasan Vural. Das scheint Ekici nichts auszumachen, da sie sich als Teamplayerin sieht und Politik als Marathon versteht, wie sie im Vorfeld des diesjährigen ÖVP-Iftar-Ess sagte. Doch so selbstverständlich war die Kandidatur der ehemaligen Gemeinderätin nicht. Ekici wurde von der ehemaligen Wiener ÖVP-Chefin Christine Marek kurz vor den letzten Gemeinderatswahlen abgesägt und durch den kroatisch-stämmigen Schwimmstar Dinko Jukić ersetzt. Danach war die Mutter einer elfjährigen Tochter von der Bildfläche verschwunden und hat sich seitdem als Unternehmensberaterin verdingt. Auch der Staatssekretär für Integration, Sebastian Kurz, hatte auf "seinem" Landeslistenvorschlag für die NR-Wahl Ekici zunächst nicht berücksichtigt. "Doch Manfred Juraczka (ÖVP-Landeschef, Anm.) hat mich gebeten zu kandieren", resümiert Ekici unaufgeregt.
Auf die Frage, ob sie es nicht doch ein wenig bereue, nach ihrem Studium der Kommunikationswissenschaften direkt zur Wiener Volkspartei und nicht etwa zu den Grünen oder der SPÖ gegangen zu sein, erwidert sie: "Ich habe mich bewusst für die ÖVP entschieden und stehe dazu". Alev Korun (Abgeordnete der Grünen, Anm.) und ich haben zur selben Zeit als Referentinnen bei unseren jeweiligen Parteien angefangen, es war mir natürlich klar, dass ich auch ein bisschen Pionierarbeit mache, die eine große Herausforderung bedeutete", sagt Ekici und verweist auf ihre umgesetzten Projekte.
9/11 und ein Anruf SchüsselsSo ist etwa das alljährliche Iftar-Essen der Politischen Akademie der ÖVP eine Idee, die unmittelbar nach den Anschlägen auf das World Trade Center, auf Geheiß des damaligen ÖVP-Bundeskanzlers Wolfgang Schüssels, entstand. 2002 wurde damit begonnen, zu dem Zeitpunkt war Ekici Projektmitarbeiterin in der Politischen Akademie der ÖVP. "Wir wollten nach den Anschlägen einfach ein positives Zeichen setzen", sagt Ekici und kann sich eine Spitze gegen die Wiener SPÖ nicht verkneifen, die ebenso alljährlich zum Iftar-Essen im Rathauskeller lädt: "An diesem Abend steht bei uns bewusst nicht das Parteipolitische im Vordergrund, wir laden auch immer einfache Muslime ein ."
Vergangene Woche war es wieder so weit und die ÖVP lud zum Iftar-Essen ins Springerschlössl. Dass dieses Jahr der Monat Ramadan, der jedes Jahr um knapp zehn Tage im Kalender "zurückwandert", und der Wahlkampf zeitlich eng zusammenfallen, macht alle offiziellen Iftar-Einladungen in Wien zu perfekten Möglichkeiten für Parteien, um im muslimischen Kreise um Wähler zu werben. Daher kam es Ekici wohl nicht ungelegen, dass im Gegensatz zu ihren Mitbewerbern um die Gunst der muslimischen Stimmen in Wien, sie an diesem Abend quasi "Hausherrin" und Moderatorin war. So ließ die Teamplayerin auch die Gelegenheit nicht aus, in Anwesenheit der ÖVP-Schwergewichte und Repräsentanten der türkischen/muslimischen Community deutlich darauf hinzuweisen, dass sie an dieser "schönen Tradition" von Anfang an mitbeteiligt war.
Auffallend an diesem schwülen Abend im Springerschlössl sind zwei Dinge: Erstens kommt es zu interessanten Sitzpaarungen, wenn etwa ein jugendlicher Muslim in Freizeitkleidung neben einem ÖVP-Bezirksvorsteher im feinen Zwirn sitzt. Zweitens erwähnt Sebastian Kurz bei seiner Ansprache lediglich den Namen Hasan Vurals: Sirvan Ekici denkt er wohl unter "den anderen" mit.
Man kennt sich von früher
Ekici und Hasan Vural, der auf Platz 15 in der ÖVP-Bundesliste gereiht ist, sind sich nicht gänzlich unbekannt. Vural, der Wäscherei-Inhaber mit türkisch-kurdischen Wurzeln aus der Provinz Yozgat, war früher oft an der Seite Sami Akpinars zu sehen. Akpinar, der seinerzeit ethnischer Beauftragter der Wirtschaftskammer und Vizechef der AKP-nahen Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) war, aber mittlerweile wegen Nötigung und Freiheitsentzug eine Haftstrafe absitzt, protegierte den Unternehmer Vural lange Zeit.
Pikant ist, dass Akpinar und Ekici eine intime Feindschaft verband, die – so heißt es aus Ekicis Umfeld - vor allem auf Akpinars Ambitionen zurückging, eine politische Karriere bei der ÖVP zu planen. "Das ist jetzt Geschichte und Hasan und ich haben ein professionelles Verhältnis zueinander", kalmiert Ekici auf die Causa Akpinar angesprochen. Der ehemalige Schützling Akpinars Vural hat im Wahlkampf auch gleich Tempo vorgelegt: Kaum ein Ifta-Essen ohne seine Anwesenheit, ein großes Unterstützer-Team, viel Präsenz in den türkischsprachigen Medien und vor allem eine offenkundig gut gefüllte Wahlkampfkasse.
Und während Vural eine große Veranstaltung für den September mit "hochkarätigen Gästen aus der Türkei" planen soll, winkt Ekici ab: "Die heiße Phase eines Wahlkampfs sind die letzen 3 Wochen, und in der Community bin ich nicht unbekannt." (Rusen Timur Aksak, 13.8.2013, daStandard.at)