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Hilfsmission: Grazer Arzt half in einem der größten Flüchtlingslager der Welt

Der Grazer Kardiologe Stefan Harb und seine Frau Ute versorgten eine Woche lang syrische Flüchtlinge in Jordanien.


Am Anfang stand die Neugier. Der Grazer Kardiologe Stefan Harb hatte über Umwege von der Organisation SAMS erfahren, die medizinische Hilfsmissionen in den Nahen Osten organisiert. Auf diesen Missionen versorgen die mitreisenden Ärzte kranke Menschen in Flüchtlingslagern in Jordanien und Griechenland oder direkt in Syrien.

„Man hört von dem Konflikt immer nur durch die Medien, und es scheint alles so weit weg. Ich wollte wissen, wie es dort wirklich ist", erklärt Stefan Harb. Aus diesem Grund meldeten sich der Mediziner und seine Frau Ute für eine Hilfsmission in Jordanien an. Insgesamt 55 Menschen nahmen an der Mission teil, darunter Urologen, Kinderärzte, Augenärzte und Kardiologen. In Teams behandelten die Ärzte Patienten an verschiedenen Orten im Norden Jordaniens.


In Jordanien leben etwa eine Million Syrer, von denen mehr als die Hälfte von der UNHCR registrierte Flüchtlinge sind. Viele dieser Menschen leben im Flüchtlingslager Zaatari, die anderen über das ganze Land verstreut. Zaatari gibt es seit sechs Jahren. Mit etwa 80.000 Einwohnern gilt es mittlerweile als viertgrößte Stadt Jordaniens und als eines der größten Flüchtlingslager der Welt. „Wir haben viele kleine Kinder gesehen, von denen wir glauben, dass sie im Lager geboren wurden. Diese Kinder kennen nichts anderes von der Welt als Zaatari", erzählt Ute Harb. Mit der Zeit sind aus Zelten kleine Hütten geworden, es gibt befestigte Straßen und auf jeder Hütte einen Wassertank. „Kanalisation gibt es keine. Die Frauen putzen aber alles, was sie erreichen können, und so ist es verhältnismäßig sauber", erinnert sich Stefan Harb. Die Hauptstraße des Lagers, ironisch Champs-Élysées genannt, ist von kleinen, von Flüchtlingen geführten Läden gesäumt. „Es gibt sogar eine Radreparatur und einen Laden für Hochzeitsbedarf", erzählt Ute Harb.


Eine richtige Stadt ist Zaatari trotzdem nicht - es liegt von einer Betonmauer umgeben mitten in der Wüste, vor dem Eingang zum Lager ist ein jordanischer Panzer postiert. Die Geflüchteten brauchen eine Ausgangserlaubnis, um das Lager zu verlassen, und die syrische Grenze ist nur wenige Kilometer entfernt.


Zaatari war jedoch nicht der einzige Ort, an dem die Ärzte halfen. Stefan Harb verbrachte auch drei Trage in Amman, wo er täglich zwölf Herzkatheter setzte. Zwischendurch kamen ihm Zweifel, denn die Arbeitstage waren lang und anstrengend: „Ich habe mir schon gedacht: Warum tust du dir diesen Raubbau an?", erzählt er. Überzeugt haben den Arzt dann die Arbeitsbedingungen. Begeistert erzählt er vom Teamgeist und der Professionalität der anderen Teilnehmer. Die Mediziner hatten stets einen Übersetzer an der Seite und wurden auch mit der emotionalen Belastung nicht alleine gelassen.


„Ich sehe jetzt den Sinn hinter der Aktion und habe das Bedürfnis, es auszusprechen", meint Stefan Harb. „Das sind keine Abenteurer, die da mitfahren, sondern Leute, die einfach finden, dass das gemacht gehört."

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